Tiefgarage München

Baustelle auf den Kopf gestellt

Mitten in München, zwischen Isartor und Maximilianstraße, direkt unter der Fahrbahn des östlichen Altstadtrings soll eine Tiefgarage entstehen, 500 m lang und 80 m breit. Im Prinzip nichts Ungewöhnliches. Doch die Umstände sind hier so schwierig, dass Planer und Bauunternehmen die Baustelle praktisch auf den Kopf stellen müssen. Mit von der Partie: ein Hitachi ZX135US-5 SRF, der speziell für diesen Einsatz von Kiesel ausgerüstet wurde.

Bagger wird mit einem Kran durch eine Bodendecke gehoben
Anstatt von unten nach oben wird bei dieser Baustelle von oben nach unten gearbeitet. Dazu muss der Bagger immer durch ein Loch in der Bodendecke schlüpfen. (Bild: Kiesel)

Der Anruf klingt zunächst nach einem Routineauftrag für Alexander Stümpfl: „Bauer Resources, ein Mitglied der Bauer-Gruppe aus Schrobenhausen, fragt nach einem kompakten Bagger mit Abbruchgitter zur Miete“, erinnert sich der Leiter des Kiesel-Mietparks am Standort Eching. Für den Bau einer öffentlichen Tiefgarage in der Münchner Innenstadt, drei unterirdische Ebenen, Stellplätze für bis zu 520 Pkw. Aushub- und Grabarbeiten soll der Mietbagger schnellstens übernehmen, etwa 40.000 m³ felsiges Erdreich müssen aus dem Weg geräumt werden. Ein Nebensatz ließ den Mietparkleiter aufhorchen: Dabei soll keine Baugrube ausgehoben werden. Sofort war klar: Das wird kein Auftrag wie viele andere.

Das Bauvorhaben zählt zu den spektakulärsten Deutschlands. Eine Baugrube kann nicht ausgehoben werden, zu nah würde sie an die Fundamente der angrenzenden Altstadt-Gebäude heranreichen. Statik und Tragfähigkeit wären in Gefahr. Um die Tiefgarage bauen zu können, haben die Planer die Baustelle auf den Kopf gestellt: Statt von unten nach oben entsteht der Rohbau des unterirdischen Komplexes von oben nach unten. Ebene um Ebene soll eine Stahlbetondecke gegossen – durch ein Loch in der Decke der Bagger jeweils heruntergelassen – und darunter dann die Aushubarbeiten erledigt werden. Der Mietparkleiter kann Bauer Resources eine dafür ideale, extrem kompakte und leistungsstarke Maschine bieten: einen Hitachi ZX135US-5 SRF, perfekt ausgerüstet für den unterirdischen Einsatz und mit entsprechendem Anbaugeräte-Paket.

Hitachi ZX135US-5 SRF
Der Hitachi ZX135US-5 SRF muss beim Bau der Tiefgarage unterhalb einer zuvor gegossenen Stahlbetonplatte arbeiten. Der Arbeitsraum ist an manchen Stellen nur 4 m hoch. (Bild: Kiesel)

Der ZX frisst sich seitdem, Etage um Etage, zuverlässig in den Münchner Untergrund. Er ist in allen Facetten ungewöhnlich. „Eine Maschine mit solch einem Stiel hatten wir noch nie im Einsatz“, so Stefan Schöberl, Leiter Maschinentechnik bei Bauer Resources. Der besondere Kurzausleger der Maschine wird zum allerersten Mal in Deutschland eingesetzt. Hersteller Hitachi vermarktet ihn außer in Japan derzeit nur in Frankreich und England.

Der Ausleger verleiht der 14 t schweren Maschine die Grabkraft eines 25-t-Baggers. Sie kann sogar Anbaugeräte nutzen, die eigentlich für Trägermaschinen über 20 t ausgelegt sind. Zugleich ist der Bagger samt Ausrüstung äußert kompakt. Für den Untertage-Einsatz in München muss er das auch sein. Denn seinen Einsatzort unter der Betondecke kann er nur auf einem Weg erreichen: Er muss durch eine Aussparung in der betonierten Platten schlüpfen. Jeweils eine dieser sogenannten Logistiköffnungen haben die Betonarbeiter für jede Ebene beim Gießen der Platten bereits integriert. Diese Öffnung ist nur 7 m lang und kaum breiter als 2,5 m – doch 2,49 m passt der ZX durch.

Einmal am Einsatzort direkt an der unterirdischen Abgrabungskante angelangt, bleibt es eng. Seinen Raum muss der Hitachi sich dann freigraben. Die Raumhöhe beträgt an manchen Stellen nur 4 m. Der Nullheck-Bagger selbst ist nur 5,41 m lang und 2,94 m hoch. Der Auslegeransatz ist weit in den Oberwagen eingerückt. Beste Voraussetzungen für diese extrem schwierigen Bedingungen.

Hitachi-Ausleger für Tunnelbaueinsätze
Der speziell für Tunnelbaueinsätze konzipierte Ausleger wird von Hitachi nur in Japan vermarktet. Systempartner Kiesel hat ein Exemplar aus Fernost nach Deutschland verschifft. (Bild: Kiesel)

„Im Vergleich zu Baggern mit gewöhnlichen Auslegern verfügt der Hitachi über deutlich mehr Kraft beim Drücken“, berichtet Baumaschinenführer Christian Heinig begeistert. 15.000 m³ Erdreich muss er mit der Spezialmaschine aus dem Untergrund brechen. Alpengeröll und Schwemmsedimente haben sich über Jahrmillionen stetig weiter verdichtet. Dem extrem schwer lösbaren Fels begegnet der Bagger mit einer Losbrechkraft von 95 kN. „Zum Teil haben wir es hier mit der höchsten Härteklasse im Erdbau, zu tun. Doch mit angebauter Fräse ist auch Klasse 7 überhaupt kein Problem“, erzählt Heinig. Je nach Härtegrad des Bodens wechselt er zwischen einer 700 kg schweren Rockwheel-Fräse, einem Loc-Matic-Beraubelöffel und einem HD-Tieflöffel hin und her. Der vollhydraulische Oilquick-Schnellwechsler OQ70-55 erlaubt den Gerätetausch in Minutenschnelle. Und ein ebenfalls verbauter Holp-Rotator ermöglicht es, das Anbaugerät extrem präzise entlang der Gesteinsformation zu bewegen. Ab Herbst 2020 sollen Autofahrer dann direkt unter der Fahrbahn des östlichen Altstadtrings parken können.