60 Jahre bd Baumaschinendienst

Retro-Serie Teil II: Krisen und Rekorde der 1970er-Jahre

In den 1970er-Jahren hatte die Bauindustrie mit ernsten Krisen zu kämpfen. Gleichzeitig herrschte ein regelrechter Gigantismus bei der Entwicklung von Baumaschinen. In Teil II unserer vierteiligen Serie blicken wir zurück auf spannende Zeiten und Entwicklungen. Teil I lesen Sie hier.

Der Atlas-Stand war eine feste Größe auf der Hannovermesse, 1976 wurde hier auch noch richtig gewühlt. Der 2002 war seinerzeit mit 30,5 t Einsatzgewicht allerdings nur der zweitgrößte Bagger im Produktprogramm, denn es gab noch den 2502 in der 50-t-Liga. (Bild: bd/Archiv Bömer)

War das neue Jahrzehnt noch mit dem wirtschaftlichen Schwung der 1960er-Jahre gestartet, trübte sich die Stimmung zusehends ein. Ein wesentlicher Teil des Wiederaufbaus nach der Kriegszerstörung war bereits abgeschlossen und auch in anderen Wirtschaftszweigen eine gewisse Sättigung eingetreten. Bereits 1972 meldete der Club of Rome begründete Zweifel an einem unbegrenzten Wachstum angesichts endlicher Ressourcen an. Sehr eindrücklich erlebbar wurde die Abhängigkeit von Rohstoffen in der Ölkrise 1973: Dabei wurde die Öl-Fördermenge als politisches Druckmittel drastisch reduziert, was eine Vervierfachung des Ölpreises binnen kurzer Zeit zur Folge hatte. Die Bauwirtschaft war, wie viele andere Industriezweige auch, stark von Versorgungsengpässen mit Treibstoff sowie sinkenden Umsatzrenditen betroffen. Eine Inflationsrate von sieben Prozent verteuerte Bauprojekte, und verschärfend kam hinzu, dass staatliche Straßenbau-Projekte auf Eis gelegt wurden. All dies führte schließlich zu einer Kapazitätsanpassung, bei der sich die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe um etwa ein Viertel verringerte.

Deutliches Zeichen einer konjunkturellen Abkühlung war das Aussetzen der bereits sehr etablierten Bauma zwischen 1973 und 1977, danach wurde auch der bisherige 2-jährige Turnus auf den bis heute gültigen 3-Jahres-Rhythmus umgestellt. Man könnte nun annehmen, dass unter diesen Umständen bei den Baumaschinenherstellern die Entwicklung neuer Maschinen gänzlich zum Erliegen gekommen sei. Gemessen an der Zahl der Neuentwicklungen, war jedoch eher das Gegenteil zu beobachten. Durch innovative Produkte versuchte man sich ein Stück vom kleineren Kuchen zu sichern. Nicht jeder konnte diesem Wettbewerb standhalten, und so kam es zu einer gewissen Neuordnung, bei der einige Anbieter komplett verschwanden, während andere durch Übernahmen noch eine zweite Chance erhielten.

Wer baut den größten Hydraulikbagger

In den 1960er-Jahren hatte sich die Hydraulik langsam als Baumaschinen-Antrieb etabliert, und die Anwender waren zunehmend von ihrer Leistungsfähigkeit und Robustheit überzeugt. Durch die höheren Energiekosten gab es einen gewissen Druck zur Effizienzsteigerung, die unter anderem durch den Einsatz größerer Maschinen erzielt werden konnte. Auch viele Gewinnungsbetriebe erkannten die Möglichkeiten, die in der neuen Technik steckten. Die bislang eingesetzten Hochlöffel-Seilbagger entsprachen von ihrem Grundprinzip in weiten Teilen noch dem 1836 vorgestellten Ur-Bagger von William Otis. Über die Jahrzehnte waren sie allerdings technisch derart ausgereift, dass die Entwicklung in einer Sackgasse steckte. So kam die Hydraulik gerade zur rechten Zeit.

Erfolgreiche Nachzügler: Die 200er-Baureihe von Caterpillar wurde erst 1972 vorgestellt, konnte sich jedoch schnell am Markt etablieren. Die hier gezeigten 215 und 245 wurden im belgischen Cat-Werk in Gosselies gebaut. (Bild: bd/Archiv Bömer)

Der Markt verlangte also nach immer leistungsfähigeren Hydraulikbaggern, und die Hersteller nahmen diese Herausforderung bereitwillig an. Mehr noch: Es entbrannte ein regelrechter Wettkampf darum, wer das schwerste Exemplar anbieten konnte. Anfänglich waren die französische Firma Poclain, die Demag in Düsseldorf sowie O&K in Dortmund die Haupt-Kontrahenten. Der O&K RH 60 kratzte 1970 erstmals an der 100-t-Gewichtsgrenze. Bereits 1975 konnte Poclain mit dem 1000 CK (170 t) die Führung übernehmen, allerdings nur bis 1978, denn da setzte die Demag mit dem H 241 (250 t) ein deutliches Zeichen.

Das konnte man bei O&K auf keinen Fall so stehen lassen und holte zum ganz großen Schlag aus: Im Oktober 1979 wurde in Dortmund über ein Woche lang die Vorstellung des RH 300 (420 t) groß gefeiert. Was für eine rasante Entwicklung! Der erste RH 5 lag gerade einmal 17 Jahre zurück. Der weltgrößte Hydraulikbagger machte natürlich auch am O&K-Stand zur Bauma 1980 mächtig Eindruck, und der nach England gelieferte Gigant erzielte tatsächlich beachtliche Leistungen. Dennoch war man rückblickend wohl etwas über das Ziel hinaus geschossen. Rein wirtschaftlich betrachtet war der RH 300 eine eher schmerzvolle Erfahrung, da nur zwei Stück verkauft werden konnten. Die Zeit war einfach noch nicht reif für solche Großbagger, weshalb auch weitere Rekordmeldungen von anderen Herstellern ausblieben – vorerst.

Klassiker und neue Player behaupten sich am Markt

Ein Name fehlte zunächst unter den Hydraulikbagger-Anbietern, und zwar Caterpillar. Bei den Amerikanern war man lange Zeit der Ansicht, mit ihrem Programm aus Raupen, Radladern, Schürfzügen und Dumpern ausreichend aufgestellt zu sein, um jeder Anforderung im Erdbau gerecht werden zu können. Die Verbreitung besonders der europäischen Hydraulikbagger muss schließlich doch zum Umdenken geführt haben, und so wurde 1972 der Cat 225 vorgestellt. Damit war man vergleichsweise spät am Markt. Doch stand der Name Caterpillar für Qualität, und so konnte das zunächst recht überschaubare Baggerprogramm aus vier Typen von 18 bis 63 t schnell Boden gut machen. Die einheimischen Bagger-Hersteller konnten sich also keineswegs auf einem gewissen Vorsprung ausruhen.

Klassiker: Beim Cat 966C mit der Zeppelin-Kabine sorgte der Cat-3306-Turbo-Motor für einen unverkennbaren Sound. Der Lader galt als unverwüstlich und ist noch heute in manchen Ländern der Welt in Einsatz. (Bild: bd/Archiv Bömer)

Zwischenzeitlich hatte jede Marke eine unverwechselbare Formensprache bei der Gestaltung ihrer Maschinen entwickelt. Dadurch erhielten die Baureihen bereits optisch einen ganz eigenen Charakter. Niemand hätte den massiv wirkenden Demag-Bagger mit dem dagegen regelrecht filigran wirkenden Liebherr verwechselt, selbst wenn man beide einheitlich grau lackiert hätte. Natürlich wurde nicht nur das Äußere der neuen Maschinen-Generationen weiterentwickelt. Auch bei der technischen Ausstattung gab es erhebliche Fortschritte. Eine deutlich spürbare Verbesserung für den Fahrer brachte die Einführung der hydraulischen Vorsteuerung. Dabei wurden die Steuerschieber nicht mehr direkt über lange Hebel und Gestänge, sondern durch einen eigenen Niederdruck-Hydraulikkreislauf betätigt. Das brachte schon mal eine gewisse Erleichterung in den Arbeitsalltag, war aber noch meilenweit von den heute üblichen Bedienkräften und der gewohnten Feinfühligkeit entfernt.

Generell gewann die Gestaltung des Arbeitsplatzes mehr an Gewicht, wobei man sich allerdings hauptsächlich auf die Reduzierung von Lärm konzentriert hat. Dies ging auch nicht ganz zufällig mit neuen gesetzlichen Grenzwerten für die Schallemissionen von Arbeitsmaschinen einher. Andererseits galt ein gewisses Umweltbewusstsein inzwischen durchaus als zeitgemäß, und so versuchten die Marketingabteilungen die auferlegten Maßnahmen werblich zu verwerten. Auf den Maschinen tauchten Schriftzüge mit Bezeichnungen wie „Miniphon“ oder „Schallgedämpft“ auf. Jeder Bagger der Marke Fuchs trug sogar die Aufschrift „Umweltpositiv“. Inwieweit dessen Betrieb allerdings heilsamen Einfluss auf die Umgebung haben würde, wusste indes nur die Werbeabteilung.

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Die 1970er-Jahre brachten in jedem Fall einige legendäre Baumaschinen hervor. So entwickelte sich der Typ 1302 D zu einem der absoluten Bestseller von Atlas Weyhausen. Auch die O&K-Typen RH 6 und MH 4 kannte jeder auf der Baustelle. Bei Liebherr gehörten die Mittelklasse-Bagger A/R 921 zu den meistverkauften. Die französischen Poclain-Bagger erhielten ab 1974 ein ausgesprochen modernes Design, und auch die kurzen Vorsteuerhebel in den Armkonsolen entsprachen schon weitgehend der heute noch üblichen Anordnung. Dann tauchte unter den Anbietern von Hydraulikbaggern mit Hitachi erstmals auch ein japanisches Unternehmen auf, was jedoch von den einheimischen Herstellern nicht als relevante Konkurrenz wahrgenommen wurde – zunächst jedenfalls.

Trends und Entwicklungen bei Radladern und Raupen

Radlader konnten sich in vielen Bereichen noch stärker durchsetzen, in der Gewinnungsindustrie ersetzten sie bald viele der schwerfälligen Seilbagger. Die amerikanischen Hersteller wie Caterpillar, Clark-Michigan und IHC International (Made in Heidelberg) besaßen nach wie vor eine weite Verbreitung. Zugleich hatten sich einheimische Hersteller wie Hanomag, Zettelmeyer, Kaelble und Frisch ebenso den Ruf erarbeitet, robuste und leistungsfähige Radlader zu bauen. Bei der Hanomag in Hannover wurden immer sehr langlebige Maschinen gebaut, wirtschaftlich ging es dafür oft turbulent zu. So stand 1974 mal wieder ein Eigentümerwechsel an: Der kanadische Bau- und Landmaschinenkonzern Massey Ferguson übernahm die Baumaschinen-Sparte. Auch das sollte nicht allzu lange Bestand haben; die legendären Lader aus dieser Zeit (44C/55C/66C/77C) laufen dagegen zum Teil heute noch.

Neben den Leistungsladern erfreuten sich besonders hierzulande kleine und wendige Lader großer Beliebtheit. Eine Entwicklung, auf die auch die Firma Kramer Allrad in Überlingen am Bodensee wesentlichen Einfluss hatte. Obwohl oder gerade weil man stets an dem Konzept des starren Rahmens festhielt, erarbeitete man sich eine große und treue Stammkundschaft. Und dann tauchte noch eine völlig andere Art von kompakten Ladern auf. Wenn man die korrekte Bezeichnung „antriebsgelenkte Lader“ verwendet, stößt das häufig auf Unverständnis. Was hingegen ein Bobcat ist weiß jeder. Diese Kompaktlader erreichten Einsatzstellen, wo größere Maschinen passen mussten. Weitere Anbieter waren Gehl, Case und der deutsche Lanz Zetcat, die jedoch nie an die Stückzahlen von Bobcat heranreichen konnten.

Bei einigen Herstellern reifte die Erkenntnis, dass die Hydraulik nicht nur zum Bewegen von Zylindern genutzt, sondern auch der Fahrantrieb mit einem Hydrostaten umgesetzt werden kann. Dies bot den Vorteil der stufenlosen Regelung und einer sehr flexiblen Anordnung in der Konstruktion. Allerdings fand diese Art des Antriebs zunächst nur bei kleineren Radladern Anwendung, bei den größeren Modellen vertraute man noch auf die bewährte Kombination aus Lastschaltgetriebe und Drehmomentwandler.

Sehr wenige Hersteller wagten es, einen hydrostatischen Antrieb auch in eine Raupe einzubauen – und wenn, waren es solche, die komplett neu in diese Maschinen-Gattung einsteigen wollten. Die britische Firma JCB zum Beispiel war mit ihren Baggerladern bereits gut am Markt vertreten und suchte nun nach Möglichkeiten, ihre Angebotspalette zu erweitern. Ergebnis war eine hydrostatisch angetriebene Laderaupe mit Heckmotor und sehr prägnantem Design. Wie so oft bei richtungsweisenden Konstruktionen, war der Markt noch nicht so weit und es gab ein paar technische Probleme, weshalb die Baureihe von inzwischen drei Typen nicht lange im Portfolio blieb. Später wurde jede Laderaupe nach diesem Prinzip konstruiert, allerdings vom Wettbewerb.

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Die Firma Liebherr war ebenso dafür bekannt, modernen technischen Lösungen offen gegenüber zu stehen, und so wurde noch in Kirchdorf die erste hydrostatisch angetriebene Planierraupe gebaut. Diese Technik bot große Vorteile in der Handhabung, sorgte jedoch in bestimmten Einsätzen zunächst für thermische Probleme.

Recht beliebt für kleinere Arbeiten waren in den 1970er-Jahren auch Baggerlader, entsprechend groß war das Angebot. JCB, MF, Case und John-Deere gehörten zu den führenden internationalen Anbietern, dazu gab es auch einheimische Hersteller wie Kramer-Allrad, Schaeff und Fendt. Und noch ein weiterer Player begab sich auf das Spielfeld der Baumaschinen-Produzenten: Der schwedische Volvo-Konzern hatte Radlader, knickgelenkte Dumper und Baggerlader im Programm und wurde in den 1970er-Jahren in Deutschland durch die Poclain-Organisation vertrieben. Die japanische Firma Komatsu begann zunächst ausschließlich mit Planier- und Laderaupen den deutschen Markt zu erschließen, es sollte noch deutlich mehr folgen.

Unser Fazit

Hydraulikbagger hatten sich final gegen die Seilbagger durchgesetzt. Die Bedenken, dass es für den Einsatz der Hydraulik eine gewichtsmäßige Obergrenze geben würden, konnten eindrucksvoll widerlegt werden. Erstmals gewannen Umweltaspekte an Bedeutung, wenn auch zunächst noch etwas halbherzig. Der Arbeitsplatz auf einer Baumaschine war, entgegen aller Beteuerungen in den Verkaufsprospekten, alles andere als komfortabel. Die Lärmreduktion war für den Bediener nicht entscheidend wahrnehmbar, ein Klimaanlage war nicht lieferbar, und das Gestühl lag trotz Federung eher auf der rustikalen Seite. Die Zahl der Anbaugeräte wuchs stetig, wodurch der Bagger vielseitig anwendbar wurde – der Schnellwechsler lag allerdings noch in weiter Ferne. Insgesamt war einiges in Bewegung und kein Ende der Entwicklung abzusehen – wie Sie im Teil III unserer Retro-Serie erfahren: die 1980er-Jahre.