Oder-Havel-Kanal

Spektakulärer Brückenbau über Wasserweg in Brandenburg

Seit Jahren ist die Wegebrücke bei Liepe über den Oder-Havel-Kanal baufällig – und deshalb geschlossen. In einem logistischen Meisterstück setzten das polnische Bauunternehmen Budimex und seine deutsche Tochter Budimex Bau eine Ersatzwegebrücke an der Wasserstraße in Brandenburg ein.

Die Ersatzwegebrücke wird zum Einbau auf einem Ponton von den Schubbooten in Position gebracht. Die Brücke kann dann mithilfe von Trägertürmen auf den Pontons angehoben und auf die Widerlager gesetzt werden. (Bilder: Budimex)

Ersatzneubau Wegebrücke über den Havel-Oder-Wasserweg (HOW), km 80,15 bei 16248 Liepe – so die spröde Ausschreibung für das Projekt des Amts Britz-Chorin-Oderberg. Den Zuschlag für das logistisch wie bautechnisch anspruchsvolle Projekt erhielt Budimex mit seine Berliner Tochter. Das Projekt stellte die auf Brücken- und Sonderbauten spezialisierten Ingenieure gleich vor mehrere Aufgaben. Die alte Brücke stand auf Unterbauten, die die Schifffahrt einschränkten. Die neue Ersatzbrücke sollte den Weg über den Oder-Havel-Kanal ermöglichen ohne die Schifffahrt zu behindern. Ebenso wenig durfte der Rück- sowie Neubau der Brücke den Gütertransport auf dem HOW stören.

Die letzten Arbeitsschritte stehen noch aus, bis der landwirtschaftlich und radtouristisch genutzte Weg am Havel-Oder-Wasserweg wieder voll genutzt werden kann – im Hintergrund Europas größtes Schiffshebewerk Niederfinow.

Damit rückte eine zweite Erschwernis ins Zentrum: Der von Radfahrern und Landwirtschaft genutzte Weg führt durch das Naturschutzgebiet Niederoderbruch. Eine Dauerbaustelle, Materiallager oder gar Schwerlastverkehr stand somit nicht zur Debatte. Denis Buchta, Bauleiter bei Budimex Bau: „Wir mussten alle Materialien wegen des Naturschutzgebiets über den Wasserweg zum Südufer des Kanals transportieren. Das Gelände am Nordufer ist sumpfig und unzugänglich, das konnten wir nicht nutzen.“ Der Kanal verbindet seit 1914 die Elbe mit der Oder, Berlin mit Szczecin (Stettin) und erstreckt sich über etwa 135 km. Der Großschifffahrtsweg Berlin-Stettin, wie die Wasserstraße zu Beginn hieß, beginnt an der Schleuse Spandau im Nordwesten Berlins und endet in Friedrichsthal, an der Grenze zwischen Deutschland und Polen, wo er in die West-Oder mündet. Unterwegs – nicht weit von Liepe – treffen die Schiffe auf eines der größten Schiffshebewerke Europas.

In der ersten Projektphase riss das Bauunternehmen die alte Spannbetonbrücke über die HOW ab, einschließlich der Unterbauten. Für den Rückbau wurde ein Gerüst auf zwei eigens eingerichteten Pontons mit Tragwerken als Unterbau installiert. Man entfernten das zentrale Feld der Brücke und transportierten es mit dem Ponton ans Nordufer.

Die neue Wegebrücke, ein Stahlverbund-Überbau mit Rahmentragwerk ohne Unterbauten, wurde inzwischen in Szczecin aus sieben einzelnen Stahlsegmenten gefertigt und zusammengesetzt. Michal Falkowski, Projektleiter bei Budimex und verantwortlich für den Aufbau: „Die Geometrie der Brücke ermöglicht es, auf die Pfeiler der bisherigen Brückenkonstruktion zu verzichten.“

Während der Montage der Brücke war der Kanal für die Schifffahrt gesperrt. Damit diese Zeit möglichst kurz bleibt, arbeiten die Experten von Budimex auch nachts.

Budimex nutzte ein Ponton sowie ein Schubboot und transportierte das 230 t schwere und 68 m lange Konstrukt in nur zwei Tagen auf der HOW nach Liepe. Beim Bau und der Montage der Brücke waren zwanzig Spezialisten im Einsatz, die Oder-Havel-Wasserstraße musste dafür gesperrt werden.

Der Ponton, auf dem die Ersatzwegebrücke zu ihrem Bestimmungsort transportiert wurde, war mit speziellen Trägertürmen ausgestattet, ebenso wie die anderen Pontons vor Ort, die zum Einbau der Brücke nötig waren. Angekommen am Lieper See, lagerte die Brücke nördlich und südlich vorübergehend auf zwei eigens für das Bauvorhaben gebauten provisorischen Häfen. Zum Einsetzen wurde die Brücke zunächst auf den Pontons in die richtige Position geschoben. Mithilfe der Trägertürme ließ sich die tonnenschwere Stahlkonstruktion hydraulisch anheben – die Sicherheit der Brückenbauexperten auf den Pontons und an den Ufern immer im Fokus. „Wir mussten präzise arbeiten, um die Brücke an der exakt richtigen Stelle auf den Widerlagern zu platzieren. Hier gab es keinen Raum für Fehler“, beschreibt Falkowski.