Tranktionsverbesserung

Axle Loader bringt alles auf die Hinterachse

Um Traktionsproblemen insbesondere bei Leerfahrt zu begegnen, gibt es verschiedene Lösungsansätze: Allradantrieb und hydraulisch angetriebene Vorderräder (Hydro-Drive) sind kompliziert, schwer und teuer. Vergleichsweise einfach ist dagegen der Axle Loader, ersonnen von Praktiker Josef Ernstberger in Eichstätt – wir haben uns die Idee angeschaut.

Axle Loader
Kipper ist leer, 4x2-Zugmaschine, Steigung, die Traktion bricht zusammen, die Antriebsräder drehen durch, Stillstand: das Szenario für einen klassischen Liegenbleiber. Was hier helfen kann, ist, den Aufstandsdruck für die Antriebsräder zu erhöhen. Genau darum geht es hier. (Bild: bd/Domina)

Allradantrieb und Hydro-Drive sind nicht nur schwer und unterschiedlich teuer, sie sind auch nicht unbedingt effektiv. Denn ihr Effekt besteht lediglich darin, die Vorderachse ins Traktionsgeschehen einzubinden. Die Vorderräder einer Sattelzugmaschine werden aber im kritischen Anfahrmoment dynamisch entlastet, können also nicht unbedingt ein Maximum an zusätzlicher Traktion beitragen.

Das weiß auch Josef (Sepp) Ernstberger schon lange. Er stammt aus einem Familienbetrieb der Jura-Marmor-Branche im bayerischen Eichstätt. Jahrzehntelang war die Pflege des Fuhrparks im familiären Schotterbetrieb seine Hauptaufgabe. Da hat sich eine Menge Erfahrung angesammelt in Sachen Motoren- und Antriebstechnik, Hydraulik und Pneumatik. Seine Skepsis, wenn er mit uns während eines Test den Unterboden eines Bau-Kippers inspizierte, war ihm besonders anzumerken, wenn er einer hydraulisch angetriebenen Vorderachse ansichtig wurde. „Ganz schön aufwendig“, brummelte er dann und betastete die zahlreichen, gewunden verlegten Hydraulikschläuche. Wenig Begeisterung rief auch die ganze Peripherie mit zusätzlichem Öltank, Ölkühler, Nebenabtrieb und Druckverteilern hervor. Klar, kann alles mal kaputt gehen. „Dann stehen sie wieder bei mir in der Werkstatt und jammern“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Das Thema Traktionsverbesserung mit einfacheren Mittel ließ ihn scheinbar nicht los. Und irgendwann zeigte er mir dann seine Idee. Von einer Erfindung wollte der bisweilen etwas wortkarge Experte da noch nicht reden – man müsse erst mal schauen.

Axle Loader
Die Grundidee: Ein Luftfederbalg, montiert direkt auf das Achsgehäuse, drückt nach oben gegen eine Stahlplatte am Boden des Aufliegers. Die federn stabilisieren seitlich, der grüne Kopf ist eine Nylonplatte. (Bild: bd/Domina)

Aha: Da drückt also ein Stempel in Form eines Luftbalgs zwischen Hinterachs-Gehäuse und Unterseite des Trailers. Heißt also: Das Gewicht, besser die Sattellast des leeren Aufliegers ruht nun weiter hinten, genau über der Hinterachse, was ja schon mal gut ist. Das Ganze schien mir wie eine große Waage, bei welcher der Sepp den Hebelarm (Vorsattelmaß) von zirka 77 cm (Abstand Königszapfen zu Mitte Hinterachse) auf 0 cm reduziert hat. Ich ging grübelnd nach Hause und zeichnete mir das mal mit den Maßen des gegebenen Iveco Stralis mit 3.800 mm Radstand auf. Ich kam gerade mal auf knapp 600 kg Achslasterhöhung, wenn die ganze Sattellast nach hinten, genau über die Hinterachse, verschoben wird.

Am nächsten Tag: „Domina, du hast es noch nicht verstanden. Wir fahren jetzt raus ins Gelände und dann auf Waage.“ Gesagt, getan. Sepp kennt ein paar Rampen mit ordentlich Steigung und demonstriert: langsam die Rampe hoch, es wird steiler, die Hinterräder drehen durch – Stillstand, mitten in der Steigung. Sepp drückt die Eins auf der Fernbedienung, es strömt Druckluft in den Balg. Die grüne Nylonkappe legt sich sauber an die angeschweißte Stahlplatte hinter der Kingpin-Aufnahme. Ich filme und fotografiere. Als sich zwischen Sattelplatte und Auflieger-Platte ein deutlich sichtbarer Luftspalt bildet, erlaube ich mir die Bemerkung, ob das denn normal sei. Genau das sei ja gerade der Witz. Ich verstehe nichts – noch.

Jedenfalls klappt der Anfahrversuch tadellos. Noch nicht einmal der Ansatz von Schlupf am Rad ist zu beobachten. Das Ganze funktioniert sogar bei steil angehobener Kippbrücke; eine Anfahrsituation, wie sie beim Abkippen auf der Deponie sehr oft vorkommt. Der Witz nämlich ist folgender: Ernstberger begnügt sich natürlich nicht damit, nur ein paar hundert Kilo mehr durch Verlagerung des Lastpunkts direkt über die Hinterachse zu bekommen. Stattdessen verspannt er regelrecht den leeren Auflieger in vertikaler Richtung mit der Zugmaschine. Der Luftbalg drückt praktisch den Königszapfen von unten gegen die Königszapfen-Verriegelung. Der kann nicht aus und somit spreizt sich der Luftbalg zwischen Unterseite Auflieger und Antriebsachse. Der Hebel, der hier wirkt, ist genau so lang wie das Vorsattelmaß und drückt gegen den Königszapfen auf die Hinterachse.

Axle Loader
> zur Galerie

Hört sich brachial an und ist es auch. Allerdings, so Sepp Ernstberger, blieben die Kräfte, die da wirken, innerhalb der zulässigen Grenzen fürs Material. Und der Effekt lässt sich auf der Waage messen: Wir stellen nur die Hinterachse auf die Waage, der Druckstempel ist entspannt und zurückgefahren. Anzeige: 3.340 kg. Jetzt betätigt Ernstberger die Fernbedienung, Druckluft strömt, der Luftpresser arbeitet. Ein kleiner Druckluftverstärker sorgt dafür, dass aus den maximal zehn bar Betriebsdruck, wie für Lkw üblich, 13 bar für den Luftbalg werden. Gleiche Messung nochmal, Anzeige jetzt: 5.080 kg. Unterschied: 1.740 kg. Das sind gut 1,7 t, die jetzt mehr auf die Antriebsachse drücken. Und die sind genau das Plus an Aufstandsdruck, das die Fuhre wieder in Schwung bringt.

Wieviel das kostet, lässt sich noch nicht genau sagen, angesichts des Prototypen-Status des Axle Loader, wie wir das Ding kurzerhand genannt haben. „Aber sicher weniger als die aufwendigen anderen Lösungen“, meint Ernstberger, und viel leichter sei die ganze Mimik auch – inklusive der Stahlplatte, die ja unter den Auflieger geschweißt werden muss. Vorsorglich hat Ernstberger jedenfalls Gebrauchsmuster-Schutz für seinen Axle Loader angemeldet. Tiefergehende Erprobungen und Messungen in Sachen Verschleiß und Materialfestigkeit stehen jetzt an. Wir bleiben dran und werden weiter berichten.