Filstalbrücke

Hindernislauf für Cometto-MSPE-Selbstfahrer

Der Ausbau der ICE-Verbindung zwischen Stuttgart und Ulm ist für die Verkehrsinfrastruktur ein Jahrhundertprojekt. Ein Meilenstein dabei ist die Errichtung der 485 m langen Filstalbrücke. Die neuen Cometto-MSPE-Selbstfahrer der Firma Wiesbauer feierten hier ihre Feuertaufe.

Bau der Filstalbrücke
Bei der Errichtung der 485m langen Filstalbrücke gaben die neuen Cometto-MSPE-Selbstfahrer der Firma Wiesbauer ihr Debüt: Zu transportieren war die 85 m lange und 350 t schwere Vorschubrüstung. (Bild: Faymonville)

Imposant ragt das Bauwerk nahe Mühlhausen im Täle empor, das nach seiner Fertigstellung zweigleisig ausgelegt ist. Mit 85 m Höhe wird es die dritthöchste Eisenbahnbrücke Deutschlands sein, erstellt von der Arge Max Bögl und Porr. Mit 485 m Gesamtlänge ist sie nach dem neuen Stuttgarter Hauptbahnhof das größte Einzelbauwerk der Deutschen Bahn auf dieser ICE-Strecke. Ab 2022 fahren Hochgeschwindigkeitszüge mit 250 km/h in nur sieben Sekunden hinüber.

Für einen besonderen Moment aber geht es nur im Schritttempo voran: Zu transportieren ist die 85 m lange blaue Vorschubrüstung, die bisher die Distanz von Brückenpfeiler zu Brückenpfeiler überbrückt und an den gelben Auslegern die Schalung beim Betonieren gehalten hatte. Während unten der Verkehr auf der A8 den Drackensteiner Hang Richtung München rollt, laufen oben die letzten Vorbereitungen zu diesem einzigartigen Schwertransport. Ein Projekt, das Bauleiter Daniel Welsch von der Firma Porr seit Monaten bis ins kleinste Detail durchgeplant hat: „In unserem Ablaufplan stellten wir im Vorfeld jede Phase des Transports dar. Dabei ermittelten wir auch die auf die Cometto-MSPE-Selbstfahrer wirkenden Kräfte.“ Da in einem Tal permanent ein Luftstrom herrscht, wurde auch der Wind berücksichtigt. Joachim Kolb, Sales Manager bei Cometto: „Um die Standsicherheit in allen Phasen des Transports zu gewährleisten, wurden Berechnungen für Windgeschwindigkeiten von 36 und 72 km/h sowie im Falle eines Sturms auch mit 100 km/h durchgeführt.“

Cometto-6-Achs-Selbstfahrer
Der Transport kurz vor der Übergabe an die Cometto-6-Achs-Selbstfahrer von Krebs aus Rostock. (Bild: Faymonville)

Die Firma Wiesbauer aus Bietigheim-Bissingen, seit Monaten mit verschiedenen Mobilkranen auf der Baustelle präsent, wurde mit der Durchführung des Schwertransports beauftragt. Wiesbauer war damit erstmals im Selbstfahrer-Bereich aktiv und bestellte dafür bei Cometto 20 MSPE-Achslinien mit 48 t Achslast und zwei Power-Pack-Units mit 202 kW. Und trotz Corona-Pandemie kamen die Fahrzeuge pünktlich zum Einsatz auf der Brücke an.

Die Vorschubrüstung wird im offenen Verbund gefahren. Auf der einen Seite zwei SPMT-4-Achs-Einheiten von Wiesbauer in einer Side-by-side-Anordnung, gegenüber in 58 m Entfernung ein 6-Achs-MSPE des hinzugezogenen Unternehmens Krebs Korrosionsschutz aus Rostock. Die Vorab-Berechnungen hatten eine maximal zulässige Seitenneigung von 4,58 Prozent bei einer Windgeschwindigkeit von 72 km/h ergeben. Um diese Werte sicher einzuhalten, wurde der Transport kurzfristig um einen Tag vorverlegt – ein Sturmtief hatte sich angesagt. Die Transportleiter Jörg Neuhäusel von Krebs und Leonard Schmid von Wiesbauer verlegten und programmierten das Datenkabel zwischen den Power-Pack-Units so, dass der gesamte Fahrzeugverbund mit nur einer Funkfernbedienung gefahren werden kann. Und eine Schlagschnur dient als Leitlinie auf der Brücke, an der penibel genau entlang gefahren werden muss.

Jörg Neuhäusel, Fahrer der Cometto-Selbstfahrer
Routiniert bewegt Fahrer Jörg Neuhäusel die gesamte Kombination millimetergenau auf den vorgegebenen Punkt. (Bild: Faymonville)

Mit einer Geschwindigkeit von 0,5 km/h geht es für die beeindruckende Konstellation von der Ulmer Brückenseite über 485 m in Richtung Stuttgart. Dabei behält Fahrer Jörg Neuhäusel von Krebs permanent die Querneigung im Auge: Zu keinem Zeitpunkt werden 1,5 Prozent überschritten. Kurz vor Erreichen der Endposition hat die Arge eine Quer-Verschub-Bahn installiert. Sie verschiebt später die Vorschubrüstung in die Position der zweiten Brückenachse. Und den ersten Träger dieser Bahn gilt es nun zu überwinden. Deshalb steht eine zweite Cometto-MSPE-Kombination mit zwei 6-Achs Fahrwerken bereit, ebenfalls in einer Side-by-side-Anordnung. Der Hindernislauf in schwindelnder Höhe beginnt: Die beiden 4-Achs Fahrwerke übergeben die Ladung über die erste Quer-Verschub-Bahn hinweg an die beiden 6-Achs-Selbstfahrer. Der Auflageabstand wächst dadurch auf beachtliche 71,90 m, das Gesamtgewicht von Ladung und Fahrzeuge liegt bei 438 t.

Weiter geht es dann für die Kombination Richtung Stuttgart, wobei die 6-Achs-Fahrwerke noch einmal um 17,40 m zurücksetzen und nach erneutem Vorfahren die Vorschubrüstung auch auf der zweiten Quer-Verschub-Bahn ablegen – alles bei sorgfältiger Einmessung der Position durch die Ingenieure auf der Baustelle. Jörg Neuhäusel spielt bei diesen Manövern seine ganze Routine aus. Er dreht die Leistung der Power-Pack-Units am Poti der Fernbedienung auf 20 Prozent herunter und bewegt die gesamte Kombination millimetergenau auf den gewünschten Punkt. Projektleiter Thomas Reuschel von Max Bögl: „Genauer und besser kann es nicht gehen“. Mission erfüllt.

Das Einsatzvideo

Hier sehen Sie den spektakulären Einsatz der Selbstfahrer beim Bau der Filstalbrücke.

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