Baggertest 4/2025

Der Akkubagger 9027FE von Liugong

Der chinesische Hersteller Liugong sieht sich als Vorreiter im Segment der elektrisch angetriebenen Baumaschinen. Aus seinem breiten BEV-Programm konnten wir einen Minibagger in der beliebten 2,5-t-Klasse auf einer sensiblen Baustelle testen.

Liugong, Akkubagger 9027FE, Bömer
Nicht nur optisch fügt sich der Liugong 9027FE bestens in die Landschaft – mit dem leisen Elektroantrieb und ohne Verbrenner-Abgase ist er auf unserer Krankenhaus-Baustelle sehr gern gesehen. (Bilde: bd/Bömer)

Dass Liugong mit alternativen Antriebe ernst macht, wird bei einem Blick auf deren internationale Webseite deutlich: Alles, was hier grün ist, hat einen Elektro-Antrieb. Darunter finden sich ausgewachsene Bagger, Radlader und Dumper. Was auch auf der Bauma nicht zu übersehen war, wo beispielsweise ein 24-t-Akku-Grader ausgestellt wurde. Dabei handelt es sich keineswegs um Konzeptmaschinen, die schnell wieder in einer abgelegenen Hofecke versauern: Sie stammen vielmehr allesamt aus der Serienproduktion. Andere Märkte sind da offenbar schon weiter. Auf deutschen Baustellen hingegen verläuft die Entwicklung innovativer Antriebe noch sehr verhalten.

Genau das zu ändern steht ganz oben auf der Liste von Matthias Mähler, bei Liugong Country Manager für die DACH-Region, der gerade in dem breiten Programm von Zero-Emission-Maschinen eine wichtigen Schlüssel für den Zugang zum europäischen Markt sieht. So war es auch wenig verwunderlich, dass die Initiative, das Gerät zu testen, von ihm aus ging. Als es also mal wieder etwas am Krankenhaus in Langenfeld zu buddeln gab, wurde kurzfristig ein 9027FE bereitgestellt. Ein vergleichsweise frühes Gerät aus dem Vorführpool, das ursprünglich für den englischen Markt ausgerüstet worden war. Das erklärt auch den hierzulande eher unbekannten Universal-Schnellwechsler der Marke Strickland.

Der erste Eindruck

Bei vielen Baumaschinen aus chinesischer Produktion war noch vor einigen Jahren auf den ersten Blick klar, welches Design von welchem etablierten Anbieter wohl Vorbild gestanden hatte. Spätestens seit der bekannte britische Industriedesigner Gary Major für das Unternehmen tätig ist, stehen Liugong-Maschinen für eine eigene, wiedererkennbare Formensprache. Auch wurde die Haptik und das Erscheinungsbild in der Kabine an europäische Gewohnheiten angepasst.

Liugong, Akkubagger 9027FE, Bömer
Deshalb heißt es Null-Heck: Auch bei aufgestellter Tür ragt (fast) nichts über die Kontur der Kabine und über die Breite des Unterwagens hinaus. (Bild: bd/Bömer)

Der Null-Heckbagger 9027FE macht einen gefälligen Gesamteindruck, auch was die Verarbeitung betrifft. Hier und da gibt es geringfügige Abstriche in der Detailausführung, seien es ein sichtbarer Kabelstrang in der Kabine oder die etwas billig wirkenden Drehknöpfe für die Einstellung der AUX-Kreise. Aber bitte: Es ist ein Bagger, und wenn die Funktion langfristig gegeben ist, bin ich völlig zufrieden. Ein textilbespannter Sitz mit vernünftig hoher Rückenlehne gehört ebenso zur Serienausstattung wie ein Radio. Die feinfühlige Vorsteuerung erfolgt über die gleichen hydraulischen Joysticks wie bei der Diesel-Version. Lediglich der Ausleger-Seitenversatz wird elektrisch über einen proportionalen Schieberegler bedient. Da hierfür einer der beiden Zusatzkreise umgeschaltet wird, kann die Schwenkgeschwindigkeit über einen der oben genannten Regler eingestellt werden. Aber Achtung: Den kann man auch auf Null herunter drehen, dann will der Ausleger plötzlich nicht mehr seitlich abknicken.

Die Bedienung der Frontscheibe macht einen recht robusten Eindruck, und auch die Kopffreiheit ist in geöffnetem Zustand noch ausreichend. Richtig vorbildlich ist die Anordnung des Scheibenwischer-Motors gelöst: weder stört er das Sichtfeld, noch wird er zum Hindernis beim Einsteigen – geht doch. Die Hydraulik-Schläuche sind sicher im Inneren der Monoblocks verlegt und im Schwenkbock nochmals geteilt, was das Ersetzen im Schadensfall vereinfacht. Für das sichere Verzurren auf einem Transportfahrzeug könnten ein paar Ösen am Oberwagen, zusätzlich zu den am Unterwagen vorhandenen, nicht schaden. Mit einem Transportgewicht von knapp 2,7 t passt der Bagger noch legal auf einen Pkw-Anhänger.

Im Testbetrieb

Unsere Hauptaufgabe bestand darin, eine Kellerwand zwecks Isolierung frei zu legen und abschließend wieder zu verfüllen. Für solche Einsätze ist das kurze Heck von großem Vorteil, da man sich keine Sorgen machen muss, mit der Wand zu kollidieren. Insbesondere wenn, wie in diesem Fall, die vollständig geöffnete Tür nicht über die Oberwagen-Kontur hinausragt. Besonders angenehm: Das fehlende Abgas verhindert den gefürchteten schwarzen Streifen an der Fassade, und es werden keine Personen durch Abgaseintritt in ein offen stehendes Kellerfenster belästigt oder gar gefährdet. Ebenso atmet der Bediener naturgemäß auch lieber saubere Luft ein. Dass die geräuscharme Arbeitsweise des Baggers auf einem Krankenhaus-Gelände besonders geschätzt wird, versteht sich von selbst.

Was die Angelegenheit mit einen batteriebetriebenem Bagger zusätzlich spannend machte waren frostige Außentemperaturen. Ohne Erfahrungswerte zu besitzen, habe ich auf die Heizung (1,2 kW) sicherheitshalber verzichtet – die Arbeit fertig zu bekommen geht nun mal vor. Nebenbei angemerkt: Die Bedienung der Heizung ist auch etwas versteckt unter der linken Armlehne platziert.

Mit reproduzierbaren Aussagen zur Batterie-Laufzeit ist das naturgemäß so eine Sache. Unter den genannten Bedingungen habe ich mit 80 Prozent Batteriekapazität knappe drei Stunden reine Baggerzeit erreicht. Das klingt recht wenig, jedoch wurde das Tagesziel für die Arbeiten jeweils erreicht. Mit einem Verbrenner wären am Abend garantiert mehr Stunden auf dem Zähler gewesen – aber wohl einige davon durch die 3-Zylinder-Standheizung.

Liugong, Akkubagger 9027FE, Bömer
Wo ansonsten der Dieselmotor sitzt, ist hier eine LFP-Batterie mit 20,6 kWh verbaut. Im Vordergrund die Steckverbindung für das Schnell-Ladegrät. (Bild: bd/Bömer)

Klar: Die 20,6 kWh der Lithium-Eisenphosphat-Batterie könnten gern noch etwas mehr sein, dann würde man entsprechend seltener auf den Ladezustands-Anzeiger schielen. Aber auch schon die ebenfalls lieferbare Schnell-Lademöglichkeit (15,3 kW) würde etwas mehr Gelassenheit bringen. Der Ladevorgang startet ohne weiteres Zutun, sobald der Typ-2-Stecker mit der Maschine verbunden und der Netzstecker an 230 Volt angeschlossen ist. Trotzdem wäre eine Kontrollleuchte wünschenswert, die von außen gut sichtbar ist und den Ladevorgang bestätigt. Sollte der Trennschalter in der falschen Position stehen, lädt er nämlich nicht – dann startet der Montag auch schon mal mit nur 32 Prozent Batterie-Ladung.

Die Kabine bietet einen zeitgemäßen Arbeitsplatz, und auch der Zugang ist für so eine kompakt gebaute Maschine akzeptabel. Um das Radio zu erreichen, das hinter dem Sitz platziert ist, muss man sich allerdings etwas verrenken. Da kommt dann schon wieder eine Spezialität des E-Antriebs ins Spiel: Wenn man gern Ruhe für die Abstimmung mit dem Kollegen draußen hätte, kann man den Motor unbekümmert aus Volllast abstellen; das Radio verstummt bei dieser Gelegenheit ebenso. Beim Verbrenner würde man so einen abrupten Stopp als Turbokiller bezeichnen, für einen E-Motor ist er unbedenklich. Genauso wenig können ihm häufige Kaltstarts etwas anhaben. Ein Kollege bemerkte, dass sich das Laufwerk irgendwie merkwürdig anhören würde: Tatsächlich nimmt man wegen des fehlenden Motorgeräusches das übliche Klappern und Mahlen einer Gummikette nur viel deutlicher wahr.

Einmal mehr wurde offenkundig, dass es sich auf jeden Fall lohnt, eine Maschine vor der Anschaffung auf seiner eigenen Baustelle zu erproben. Ich hatte einen 9027FE ja bereits im vergangenen Jahr auf dem Liugong-BEV-Event in Polen fahren dürfen, und da war man natürlich darauf aus zu demonstrieren, was in so einem Elektrobagger steckt. Folglich hatte mir der Bagger-Produktmanager James Higgs den Kleinen gleich mal in den Power-Mode gestellt. Dabei steigt die Motordrehzahl auf 2.600 U/min, und beim Baggern fliegen buchstäblich die Funken. Das macht bei einer Vorführung richtig was her und wurde auch von Liugong in einer Videosequenz festgehalten, bringt auf einer echten Baustelle jedoch nur selten wirkliche Vorteile. Dort gilt es vielmehr auf Leitungen im Boden oder plötzlich auftauchende Personen im abgesperrten Bereich zu achten. Und soviel ist klar: Drehzahl frisst Strom. Mittelfristig hat sich dann ein Wert von 1.600 U/min für unsere Aufgaben als völlig ausreichend erwiesen.

Liugong, Akkubagger 9027FE, Bömer
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Unser Test-Liugong war unter anderem mit dem auf der Insel äußerst beliebten, starren Grabenräumlöffel ausgerüstet. Der war mit 1,20 m Breite in Verbindung mit dem dem 1,30-m-Stiel schon recht ambitioniert für den 2,7-t-Bagger. Wenn man unbedingt will, kann man den Null-Heck-Bagger am langen Arm damit schon ins Schaukeln bringen – muss man ja aber nicht. Allgemein machte er einen recht ausgewogenen Eindruck, was das Verhältnis von Reichweite, Standsicherheit und Grabkraft betrifft. Apropos Kraft: Die Maurer vergangener Tage haben den Arbeitsraum vor der Kellerwand gern als baustelleneigene Deponie genutzt, da sind Restbeton-Klötze in der Größe eines Konzertflügels keine Seltenheit. Etwas in dieser Art tauchte hier natürlich auch auf und wurde von dem kleinen Liugong ohne Mühen gelöst und in einen bereitstehenden Absetzcontainer befördert. Anwesende Zuschauer waren ganz überrascht, dass so ein Elektro-Mini so viel Kraft hat. Ich erkläre es immer wieder gerne: Es ist nicht der Krach, der die Kraft erzeugt.

Noch ein Funfact: Eine Störquelle, die beim Elektrobagger nahezu komplett wegfällt, ist die gefürchtete Fehlbetankung. Und wir reden hier nicht von der falschen Kraftstoffsorte im Tank: Nein, es werden beherzt alle verfügbaren Flüssigkeiten in alle erdenklichen Einfüllstutzen geschüttet. Bei meinem persönlichen Grusel-Favoriten wurde der Abgas-Nachbehandlungs-Harnstoff (Konsistenz wie Wasser) anstatt Motoröl eingefüllt – mit fatalen Folgen. Wenn Sie das für übertrieben halten, sprechen Sie mal mit der Werkstatt eines größeren Baumaschinen-Vermieters.

Unser Fazit

Dass ich ein Anhänger der alternativen Antriebe bei Baumaschinen bin, ist ja inzwischen kein Geheimnis mehr. Wir sind zwar derzeit vielleicht noch nicht an dem Punkt, an dem wir komplett lautlos auf die neue Technologie umstellen können. Es benötigt noch immer eine gewisse Offenheit für dieses Thema: sei es bei der Einsatzplanung oder Schaffung einer entsprechenden Ladeinfrastruktur. Auftretenden Schwierigkeiten sollte man jedoch mit Kreativität begegnen anstatt immer gleich das ganze Konzept zu verteufeln.

Bezogen auf den Liugong 9027FE bedeutet das: Es handelt sich um eine alltagstaugliche Maschine. In sensiblen Einsatz-Umgebungen hat er ganz entscheidende Vorteile zu bieten – wäre natürlich wünschenswert, wenn diese auch von Auftraggebern angemessen honoriert würden. Kombiniert mit einer Schnelllademöglichkeit oder einer Powerbank können sehr viele Minibagger-Einsatzbereiche mit ihm abgedeckt werden.

Jetzt braucht es Leute, die einen Schritt vorausgehen, also Vermieter, die Elektromaschinen in ihren Fuhrpark nehmen oder finanzstarke Anwender, die in solche Geräte investieren und im engen Austausch mit dem Hersteller bleiben. Vielleicht ist ja auch der Besitz von Maschinen irgendwann ein Auslaufmodell und eine Vergütung ausschließlich für die Nutzung die Zukunft.