Baggertest 12/2020

Hitachi Zaxis Generation 7

In Zeiten abgesagter Veranstaltungen gibt es nur ganz wenig Gelegenheiten, bei denen neue Baumaschinen live präsentiert werden. Wir haben daher das Coreum in Stockstadt besucht, um die ersten Vertreter der jüngsten Bagger-Generation 7 von Hitachi zu erleben.

Hitachi ZX 300-7
Das Coreum-Aktionsgelände in Stockstadt bei Frankfurt: idealer Schauplatz für unsere erste bd-Proberunde mit dem neuen Hitachi ZX 300-7. (Bild: bd/Bömer)

Eigentlich hätten die Hitachi-Bagger der neuen 7er-Reihe schon bei den Praxistagen im März ihre Deutschland-Premiere geben sollen. Da diese nicht stattfinden konnten, haben wir uns unlängst im stets beeindruckenden Coreum erstmals ausführlicher mit den neuen Baggern befasst. Unter den aktuellen Bedingungen gewinnt ein Aspekt des Coreum-Konzepts besonders an Bedeutung: Die Dauerausstellung ermöglicht es, Produktpräsentationen räumlich und zeitlich entzerrt durchzuführen, ohne Bindung an fixe Termine wie etwa bei Messen. In der ersten Runde wurden die Modelle ZX250-7, ZX300-7 und ZX350-7 vorgestellt, mittlerweile sind auch die Geräte von 50 bis 90 t als Serie-7 verfügbar. Hauptgrund für die neue Baureihe ist natürlich die Umstellung auf die Antriebsmotoren der Abgasstufe V. Gleichzeitig hat Hitachi eine Reihe weiterer willkommener Verbesserungen in die neuen Modelle einfließen lassen.

Der erste Eindruck

Auf den ersten Blick entsprechen die neuen Maschinen dem gewohnten Erscheinungsbild der Hitachi-Kettenbagger. Bei genauerem Hinsehen fallen dann aber doch einige Veränderungen auf. So wurde die Kabine völlig neu gestaltet und unterscheidet sich von den Vorgängern durch die senkrechte Rückwand und den schmaleren Silberschweif, der sich auf der Oberwagen-Verkleidung fortsetzt. Obwohl eine zusätzliche Komponente der Abgasreinigung untergebracht werden musste, machen die neuen Modelle keinen deutlich massiveren Eindruck als ihre Vorgänger. Die dunkel abgesetzte Motorhaube kaschiert zwar optisch das Gesamtvolumen, verhindert aber dennoch einen direkten Blick aus der Kabine nach hinten. Dafür gehört die 270-Grad Vogelperspektive aus Seiten- und Heckkameras – hier Aerial Angle genannt – zur Standardausrüstung.

Zum Erreichen der Stufe V sind die Isuzu-Motoren mit gekühlter Abgasrückführung, einem Oxy-Kat,  SCR-Anlage (Harnstoff) und katalytischem Rußpartikelfilter (CSF) aufgerüstet. Alle Verkleidungen am Oberwagen sind in Blech ausgeführt und lassen sich in geöffnetem Zustand arretieren. Auch der Kraftstofftank besteht aus Stahl, was unerwünschten Fremdeinwirkungen wenigstens einen gewissen Widerstand entgegensetzt. Die Motorhaube der größeren Modelle öffnet mit Unterstützung von Gaszylindern und gibt die Wartungsstellen am Motor frei.

Hitachi ZX 300
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Auf der rechten Seite des Oberwagens befindet sich eine Einheit aus drei Verstellpumpen, die aus eigener Fertigung stammt. Das Hydrauliksystem trägt mittlerweile den Namen Trias III und steht laut Hitachi für eine nochmals gesteigerte Energie-Effizienz. Im Pumpen-Raum sind auch sämtliche Filterpatronen untergebracht, was die Zugänglichkeit vom Boden aus ermöglicht. Der Hydrauliktank besitzt die für Hitachi typisch zylindrische Form, die zusammen mit der entsprechenden Einleitung ein Aufschäumen des rücklaufenden Öls verhindert. Sensoren, die die Qualität von Motor- und Hydrauliköl überwachen und online übermitteln, sind jetzt ebenfalls Standard.

In der Kabine

Einmal Platz genommen, fällt in der Kabine zunächst das neue 8-Zoll-Display ins Auge. Auch wenn es die äußere Anmutung eines Tablets hat, handelt es sich doch nicht um einen Touchscreen. Darauf wurde bewusst verzichtet – die Entwickler waren nämlich der Ansicht, dass sich eine betriebssichere Bedienung und Baustellen-Arbeitshände mitunter widersprechen. Zugleich muss man sich nicht für jede Einstellung nach vorne beugen, denn die Betätigung aller Menu-Funktionen erfolgt über einen Dreh-/Drückschalter unmittelbar neben dem rechten Joystick. Das Kamerabild des Aerial Angle lässt sich je nach Baustellensituation in acht verschiedenen Darstellungsformen auf dem Bildschirm wiedergeben. Für alle häufig benötigten Funktionen gibt es einzelne Drehschalter, die auf der rechten Seite zusammengefasst wurden. Die Schalter befinden sich im Blickfeld und werden nicht von der Armlehne verdeckt.

Die Steuerkonsolen sind jetzt mit dem Sitz gemeinsam schwingend gelagert, was zusätzlich Ruhe in die Bedienung des Geräts bringt. Die Vorsteuerung erfolgt bewährt hydraulisch. Die von Wettbewerbern immer häufiger verbauten elektronischen Systeme genügten Hitachis Ansprüchen bezüglich der Charakteristik im Ansprechverhalten noch nicht.

Beide Segmente der Frontscheibe werden jetzt von einem amtlichen Parallel-Scheibenwischer freigehalten – die Wischfläche übertrifft die vorherige Lösung um ein Vielfaches. Über die optionalen Joysticks mit proportionalen Schiebeschaltern für die Zusatzkreise lassen sich bei Bedarf noch weitere Funktionen ansteuern, zum Beispiel einmaliges Wischen oder Drehzahlabsenkung und Radiostummschaltung zur Erleichterung der Kommunikation mit der Außenwelt. Damit der Bediener in der schallisolierten Kabine nicht zu vereinsamen droht, wurden sämtliche Voraussetzungen geschaffen: USB-Anschlüsse, Steckdosen mit 12 und 24 Volt, Bluetooth-Freisprecheinrichtung sowie Smartphone-Halter gehören heute einfach dazu. Um den neu gestalteten Sperrhebel für die Vorsteuerung zu betätigen, muss man nicht mehr an dem linken Joystick vorbeigreifen. Das reduziert das Risiko einer Fehlbedienung.

Im Testbetrieb

Ein Einsatz bei Sandkasten-Bedingungen kann natürlich nicht mehr als einen ersten Eindruck liefern. Dieser aber bestätigt die Erwartungen an eine ausgereifte Maschine. Wenn man wie ich auf Geräten der 1970er-Jahre gelernt hat, versetzen einen die Schnelligkeit und Feinfühligkeit, die mit einem 30-Tonner möglich sind, immer wieder aufs Neue in Erstaunen über die technische Evolution. Man ist schnell vertraut mit der Maschine, die Vorzüge der einzelnen Betriebsarten werden im realen Einsatz sicher noch deutlicher spürbar.

Werden zahlreiche Verbraucher gleichzeitig angesteuert, wird die Geschwindigkeit aller Funktionen zwar reduziert, die Bewegungen bleiben untereinander jedoch proportional. Bewegt man während des Fahrens die Ausrüstung, bleibt beispielsweise der Geradeauslauf unbeeinflusst. Angehängte Lasten können sicher und ohne unkontrollierte Pendelbewegungen verfahren werden. Beim Ansteuern der unter Last stehenden Ausrüstung ist kein Durchsacken wahrnehmbar.

Wie bei allem technischem Gerät aktuell üblich, sind diverse Einstellungen über ein Menu vorzunehmen. Das betrifft Anbaugeräte, verschiedene Charakteristika des Ansprechverhaltens aber auch Klima-Automatik und Radio DAB+. Von all diesen Optionen muss der Fahrer natürlich auch Kenntnis haben, wenn er mit der Maschine effizient arbeiten soll. Ihm nur den Schlüssel in die Hand zu drücken – damit ist es heute einfach nicht mehr getan. Informationsangebote auf verschiedensten Ebenen müssen das System Baumaschine abrunden. Das Aerial-Angle-System steigert beim Verfahren und Schwenken das Sicherheitsgefühl. Natürlich nur dann, wenn der Blick aufs Kamerabild zur Routine geworden ist.

Auch bei geöffneter Tür ist das Geräuschniveau angenehm. Ein Nebeneffekt der Abgasnachbehandlung führt dazu, dass der Schallpegel um einige Dezibel sinkt. Das mag manchem Bediener als weniger kernig erscheinen, lässt aber keineswegs Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Maschine zu und ist für alle Beteiligten auf Dauer erträglicher.

Im Display gibt es nun ein Balkendiagramm, das Auskunft über die Kraftstoff-Effizienz gibt. Schön, wenn es Beachtung findet und der Fahrer zudem in der Lage ist, daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Hier schlummert durchaus Einspar-Potential, das durch entsprechende Schulungen aktiviert werden könnte. Auch erfahrene Bediener sollten dabei nicht vorschnell abwinken. So war zu erfahren, dass selbst bei den Werksvorführern Unterschiede im spezifischen Verbrauch messbar waren.

Unser Fazit

Hitachi setzt mit der Serie-7 die Reihe der bewährten wie beliebten Zaxis-Bagger fort. Entstanden sind Geräte, die einen soliden und ausgereiften Eindruck hinterlassen. Beim Bedienerkomfort wurden einige spürbare Verbesserungen vorgenommen. Die Komponenten der Abgasreinigung bergen zwar auch neue Quellen für Störungen, sind aber beim derzeitigen Stand der Technik für alle Hersteller alternativlos. Die neuen Bagger wurden – noch – nicht mit allzu vielen Optionen überfrachtet. Wer den Schritt zu den Assistenz-Systemen gehen möchte, kann sein Modell künftig mit dem Co-Pilot der Kiesel-Tochterfirma KTEG zur vernetzten Maschine aufrüsten.