Telematik und Flottenmanagement

Immer unter voller Kontrolle

Wo Baumaschinen und ihre Anbaugeräte gerade stehen, was sie aktuell leisten und wann sie zur Wartung müssen ist so manchem Betreiber oft nur rudimentär klar. Mit Telematiklösungen und einem guten Flottenmanagementsystem lassen sich zur termingerechten Projekterfüllung die Einsätze von unterschiedlichsten Maschinen und Werkzeugen sowie anderen Aggregaten optimal planen, steuern und überwachen.

Volvo Telematik
Enormes Effizienzpotenzial: Mit Telematik zu jeder Zeit an jedem Ort alle Maschinendaten abrufen zu können spart jede Menge Zeit und Kosten. (Bild: Volvo CE)

Telematik setzt sich aus Telekommunikation und Informatik zusammen und verknüpft beide Technologien. Mit Unterstützung der Telematik lässt sich eine große Bandbreite betriebsrelevanter Daten und Informationen über den Maschinenfuhrpark sowie die zu bearbeitenden Baugebiete erhalten und per EDV sinnvoll auswerten. Der Datentransport erfolgt in der Regel drahtlos, meist per Mobilfunk oder Satellit vom eigenen Standort über das Netzwerk oder die Computerserver eines Providers zur Maschine oder zum Aggregat. Zugleich gilt es, Daten von Maschinen und Werkzeugen parallel wieder ins Unternehmen mit einem Flottenmanagementsystem zurückzuspielen. Durch diesen Datenaustausch kann der Unternehmer strategisch und betriebswirtschaftlich besser und vor allem folgerichtig reagieren und so die eigenen Leistungen optimieren. Allein mit einer sogenannten Geo-Fencing-Funktion kann der Baumaschinenbetreiber beispielsweise ein virtuelles Einsatzgebiet definieren. Verlässt die Maschine das Gebiet, ertönt sofort ein Warnhinweis. Das Fahrzeug lässt sich in diesem Fall sogar automatisch stilllegen und bei Bedarf auch sofort die Polizei einschalten. Viele Versicherungen senken sogar ihre Diebstahlschutzbeiträge, wenn die versicherten Maschinen derart ort- und wieder auffindbar sind.

Mit einem Telematiksystems kann man alle Maschinenparameter abrufen wie Betriebsstunden, Drehzahlen, Kraftstoffverbrauch, Fahrprofile, Beladungswägedaten, (Asphalt-)Temperaturen (teils gesetzlich vorgegeben) und den Standort abfragen. Alle Daten sind zudem für künftige Wartungspläne und sogar zur vorbeugenden Instandhaltung verwendbar, denn ein möglicher Maschinenschaden lässt sich dank der Übertragung von Maschinenparametern – etwa Schwingungen, die plötzlich viele ungewöhnliche Spitzen aufweisen – im Vorfeld identifizieren. Eine solche Baumaschine wird dann vorab in die Werkstatt gebracht und der aktuelle Auftrag mit einer Ersatzmaschine erledigt. Wie Anwender berichten, ist das Ziel, die Kosten drastisch zu minimieren, sogar recht leicht zu erreichen.

Modernes Zentrum demonstriert digitale Technologien

Die Unternehmensgruppe GP Günter Papenburg aus Hannover ist mit rund 3.500 Mitarbeitern in den Sparten Bau, Betonwaren, Baumaschinen, Rohstoffe, Spedition und Entsorgung tätig. Schon seit Jahren beschäftigen sich die Niedersachsen mit Telematik und Flottenmanagement – nicht nur für sich selbst, sondern über die Tochter G-tec Positioning auch für externe Kunden. Im 2015 eröffneten Technologiezentrum gibt es Praxisvorführungen zu allen Fragen rund um Digitalisierung und Maschinensteuerungen. Bei der GP Papenburg Maschinentechnik wiederum sind über 120 Maschinen des Mietparks mit Systemen wie Komtrax, dem Telematiksystem von Komatsu, ausgestattet. Vergleichbare Systeme nutzt man im Asphalt- und Erdbaubereich sowie bei Gradern. Darüber hinaus haben die Niedersachsen 10-jährige Erfahrung mit Atlas Scombox, Bomag Telematic und dem Witos-Flottenmanagement der Wirtgen-Group sowie – als zertifitierter Händler – mit den 2D- und 3D-Maschinensteuerungen SiteLink von Topcon. Kalkulation, Gerätedaten, Vermessung sowie Abrechnung inklusive Lohn erfolgen mit der Software der Firma Rib aus Puchheim bei München. Alle Digitallösungen werden vor Ort gerne vorgeführt. GP Günter Papenburg AG ist zudem im Bauflott-Projekt stark involviert.

Genau deshalb hat auch der Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik (VDBUM) und sein Arbeitskreis Telematik im April 2014 das Projekt Bauflott gestartet. Die TU München ist mit dem Lehrstuhl für Fördertechnik, Materialfluss, Logistik (fml) sowie dem Lehrstuhl für Automatisierung und Informationssysteme (AIS) beteiligt. Darüber hinaus werden Baumaschinenhersteller, Anbieter von Telematiklösungen sowie Anwender intensiv mit eingebunden. Hauptziel ist es, Baumaschinen hinsichtlich ihrer Bauleistung und spezifischen Betriebsdaten zu erfassen, um diese dann logistisch auszuwerten und entsprechend reagieren zu können. Die Web-Applikation zur Visualisierung der verschiedenen Funktionen nennt sich fleeTUM.

Neben den Telematik-Systemen der großen Maschinenhersteller wie Bell, Caterpillar, Hitachi, Komatsu, Liebherr oder Volvo gibt es herstellerunabhängige Systeme wie von Ctrack, Enaikoon, M4Telematics Group, Kiesel und anderen. Viele Maschinenhersteller geben die Protokolle bei der Datenübertragung mit CAN-Feldbus nicht bekannt, teilweise sind sie sogar verschlüsselt. Deshalb haben in den USA bereits 2010 die AEMP (Association of Equipment Management Professional) und die AEM (Association of Equipment Manufacturers) einen ersten Standard für vier Betriebswerte (Betriebszeit, Dieselverbrauch, Kilometerstand und Standort) vorgegeben, 2013 wurde ein erweiterter AEMP-Standard (Version 2.0) mit 19 Betriebswerten entwickelt – darunter Kenndaten wie Maschinenleistung, Drehzahl, Leerlauf vs. Lastzeiten oder Tankinhalt. Ein ganzheitliches, herstellerneutrales Flottenmanagementsystem für alle Baumaschinen gibt es allerdings bis heute nicht. Das Datenformat AEMP 2.0 wurde kürzlich in die Norm ISO 15143-3 überführt. Das dürfte den Datentausch zwischen EDV-Programmen wie ERP-Software auf der Kundenseite und allen Flottenmanagementsystemen wesentlich vereinfachen. VDBUM und TU München sind zudem in diversen Arbeitskreisen rund um AEMP 2.0 sowie ISO-Norm intensiv eingebunden und helfen bei Fragen gerne weiter.

Alle Maschinen und Werkzeuge im Blick

Das Flottenmanagement legt insbesondere in größeren Firmen die Basis zur bestmöglichen Disposition eines umfangreicheren Maschinen- und Geräteparks. Der Disponent erkennt anhand der Telematikdaten sofort, wenn Maschinen oder Werkzeuge oder Aggregate an einem Ort seit Tagen nur herumstehen, während sie andernorts dringend benötigt werden. Auch einzelne Anbaugeräte, Stromgeneratoren, Baukompressoren, Rüttel- und Vibrationsplatten oder Kräne können mit den sehr kompakten Sendern bestückt werden. Entsprechende GPS-/GPRS-Ortungsmodule lassen sich nahezu an oder in allen Maschinen und Geräten einfach montieren. So kann man per Browser über eine bestimmte Webseite alle Gerätschaften ständig überwachen – bei Bedarf vollautomatisch per Software. GPS steht dabei für das Global Positioning System der Navigationssatelliten, GPRS für General Packet Radio Service, also die Datenübertragung über das Mobilfunknetz. Selbst GPS-Sender in einem CEE-Stecker (400-Volt-Anschluss) sind lieferbar und lassen sich so problemlos austauschen.

Die Telematiksysteme der Maschinenhersteller gibt es in der Regel als Basis- und Premiumversion. Mit der Basisversion sollen sich auch Maschinen anderer Hersteller einbinden lassen. Nun kann und will nicht jeder sich eine neue Baumaschine zulegen, um Telematiksysteme zu nutzen; zudem möchten manche Kunden auch unabhängig sein von den Systemen der Hersteller. Darüber hinaus gibt es Maschinen, die partout nicht mit AEMP 2.0 bzw. ISO 15143-3 kompatibel sind – oder eine bestimmte Anwendung ist dafür gar nicht vorgesehen. In solchen Fällen helfen herstellerunabhängige Lösungen oft weiter.

Liebherr Weltkarte Servicestationen
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Enaikoon aus Berlin ist mit mehr als 25.000 mobilen Objekten, die mit eigenen Servern überwacht werden, einer der großen Anbieter in Deutschland. Die Software wird selbst entwickelt und laufend den Kunden und ihren Anforderungen angepasst, während die Hardware in Europa produziert wird. Nach eigenen Angaben verfügen die Berliner über das breiteste Sortiment an GPS-/GPRS-Telematikgeräten in Europa. Mehrere Geräte nutzen sogar den Funkstandard Inmarsat, der die Erdoberfläche weitgehendst komplett abdeckt. Damit lassen sich Fahrzeuge, Maschinen und Geräte selbst dort orten, wo kein Mobilfunk zur Verfügung steht. Darüber hinaus sind diese Geräte unempfindlich gegen Störsender, sogenannte GSM-Jammer, die oft dazu verwendet werden, mobilfunkgestützte Diebstahlsicherungen außer Funktion zu setzen. Übrigens bieten die Berliner die erwähnten CEE-Stecker mit integriertem GPS-/GPRS-Ortungsmodul an.

Seit ihrer Gründung 2002 kümmern sich die Berliner um Telematik und speziell elektronische Überwachungssysteme aller Art. Die kleinen Kästen, kaum größer als eine Zigarettenschachtel, werden meist versteckt im Fahrzeug eingebaut. Darin sind auf kleinstem Raum ein Mikrocontroller, Bewegungssensor, Akku, GPS-Empfänger und GSM-Modul untergebracht. Außen am Gehäuse sind Schnittstellen für GPS- und GSM-Antennen sowie Bordelektronik (CAN-Bus) und Bord-Stromnetz angebracht. Erst kürzlich hat Enaikoon ein Telematik-Modul zur Erkennung von Treibstoffdiebstahl in Echtzeit entwickelt. Aufgrund seiner manipulationssicheren Ultraschall-Technologie lässt sich der Sensor einfach unter den Fahrzeugtank kleben, er muss also nicht entleert und angebohrt werden, es ist auch keine Schraubverbindung nötig. Hohen Stellewert hat die Datensicherheit: Die Server befinden sich in Deutschland, ein geprüftes Datenschutz-Zertifikat ist vorhanden. Der Zugriff erfolgt nur durch eine sichere HTTPS-Verbindung, was die Verschlüsselung der Datenübertragung beim Zugriff auf den Kundenaccount gewährleistet.

Das Erfassen von Service- und Betriebsdaten der Fahrzeuge macht zugleich das Fahrverhalten der Mitarbeiter transparent, so kann man Fahrern gezielt  Optimierungsmaßnahmen wie Fahrertrainings anbieten. Das Aufzeichnen der Fahrdaten und des Fahrverhaltens unterstützt zudem eine diszipliniertere Fahrweise und kann so auch die Unfallrate reduzieren.

Viel zuviel sinnloser Leerlauf

Ganz entscheidend aber ist in diesem Zusammenhang das Thema Leerlauf. Bernhard Tabert, bei Zeppelin zuständig für Flottenmanagement, macht gerne darauf aufmerksam, dass rund 30 Prozent aller Baumaschinen im Leerlauf – eigentlich völlig sinnlos – nur vor sich hintuckern. Und das vor dem Hintergrund, dass etwa die Hälfte der Baumaschinenkosten auf den Kraftstoff entfallen. Da werden morgens als erstes die Maschinen gestartet, während die Mitarbeiter erst einmal Kaffee trinken und Zeitung lesen – leider das Resultat zahlreicher Telematikdaten-Auswertungen bundesweit. Auch beim Verladen stehen demnach Bagger und Radlader oft lange Zeit im Leerlauf herum, vorhandene Start-/Stopp-Automatiken werden einfach abgeschaltet.

Die neue Version des Caterpillar-Systems VisionLink mit dem Namenszusatz Unified Fleet ist seit Ende 2017 erhältlich und beinhaltet zahlreiche neue Funktionen. So lassen sich die Maschinendaten nun neben PC oder Laptop auch auf Mobilgeräten wie Smartphone und Tablet darstellen. Betriebs-, Produktions- und Servicedaten von Maschinen kann man unabhängig vom Arbeitsplatz auswerten. Und die mobile Anwendung hat schnellere Ladezeiten der Daten. Das neue VisionLink ist kompatibel mit dem Telematik-Standard AEMP 2.0 / ISO 15143-3, deutschlandweit arbeiten damit über 3.400 Nutzer.

CareTrack von Volvo CE wird seit 2010 in den meisten Maschinen ab Werk montiert. Die Nutzung ist in den ersten drei Jahren kostenfrei. Betriebsleiter und Flottenmanager können damit in Echtzeit aus der Ferne auf sämtliche Betriebsparameter zurückgreifen und so die Maschinen optimal in den Einsatzplanungen einbinden. Die tatsächliche Produktivität der knickgelenkten Dumper und Radlader, die mit der Bordwaage (OBW) ausgerüstet sind, lässt sich daher in Tonnen pro Liter Kraftstoff angeben. Mit CareTrack kann zudem die Ladeeffizienz, die Anzahl der Zyklen und der Prozentsatz an Überlastungen überwacht werden. Zugleich lässt sich anhand der Daten ein möglicher Schulungsbedarf für die Fahrer ermitteln.

Das Datenübertragungs- und Ortungssystem LiDAT ermöglicht das weltweite Fuhrpark- und Flottenmanagement von Liebherr-Maschinen aus den Produktbereichen Erdbewegung, Hydroseilbagger, Raupenkrane, Turmdrehkrane und maritime Krane auf einer einheitlichen Plattform. Da auch Maschinen anderer Hersteller integrierbar sind, können umfassende Maschinenparks verwaltet werden. LiDAT liefert Informationen zur Lokalisierung sowie zum Betrieb der Maschinen. Die Daten werden je nach Abonnement mehrmals täglich aktualisiert und können browserbasiert via GPRS oder per Datenträger abgerufen werden. Über frei definierbare Maschinengruppen sind Großbaustellen organisatorisch abgrenzbar. Einzelne, oft die teuren Maschinen lassen sich im Einsatz zeitlich und räumlich beschränken und so vor Missbrauch schützen. LiDAT-Daten können bei Bedarf auch zur Kalkulation von Mietsätzen herangezogen werden. Erhältlich ist das System als Standard-Grundpaket, das für Maschinen aller Hersteller eingesetzt werden kann sowie als Plus-Version mit Daten zu weiteren Maschinenfunktionen.

Mit dem Unternehmen GPSoverIP aus Schweinfurt – das übrigens auch das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring mit GPS-Fahrzeugdaten sowie Geokoordinaten versorgt – arbeitet der Baienfurter Baumaschinenhändler Kiesel in Sachen Telematik zusammen, ebenso der VDBUM und die TU München. Die Schweinfurter bieten nicht nur Software und die Datenverarbeitung an, sondern auch diverse Hardwarebauteile mit GPS/GPRS/GSM. Deren IT-Sicherheitsexperten legen zudem sehr viel Wert auf Datensicherheit.

Telematik Box von Caterpillar und Zeppelin
(Bild: Zeppelin)

Initiative für einheitliches Flottenmanagement

Caterpillar und Zeppelin starten eine Initiative, um Telematik- und Flottenmanagementsysteme noch umfassender in Bauunternehmen zu bringen. So bieten die US-Amerikaner ihre Technik jetzt für ältere Cat-Maschinen genauso an wie für Baumaschinen anderer Hersteller. Je nach Maschinentyp wird sogar ein kostenloser Einbau vorgenommen. Kompakte Cat-Maschinen mit einem Alter von maximal sieben Jahren und bis zu 5.500 Betriebsstunden können ebenso umgerüstet werden wie größere Maschinen ab 10 t Einsatzgewicht, wenn sie jünger als zwölf Jahre sind und weniger als 18.000 Betriebsstunden im Einsatz waren. Kostenfrei gibt es eine Telematik-Box (Product Link) inklusive Einbau durch Zeppelin-Werkstätten. Für Fremdmaschinen gelten unterschiedliche Kondition. Die Telematik-Boxen lassen sich selbstverständlich in VisionLink integrieren, der Datenaustausch erfolgt über die Schnittstelle Cat-Daily. Darüber hinaus gibt es aktuell günstige Flatrates für den gesamten Fuhrpark. Über das Flottenmanagementportal  lassen sich auch Ersatzteilbestellungen vornehmen.