Gubristtunnel Schweiz

Prozessoptimierung beflügelt Großprojekt

Beim 11,5 m breiten Einbau im Schweizer Gubristtunnel waren Koordination und Effizienz gefordert: Als Treiber der digitalen Baustelle setzte die Marti Solothurn Bauunternehmung deshalb auf die softwarebasierte Prozessoptimierungslösung Witos Paving Plus von Vögele. Sie vernetzt alle Akteure in Echtzeit und hat gerade bei großen Bauvorhaben ihre Stärken.

Prozessoptimierungslösung Witos Paving Plus
Straßenbau im breitesten Tunnel der Schweiz: Bei dem Großprojekt profitierte Marti Solothurn Bauunternehmung von der Prozessoptimierungslösung Witos Paving Plus und einer leistungsstarken Maschinenkombi von Vögele. (Bilder: Wirtgen-Group)

Es ist eines der aufwendigsten Infrastrukturprojekte der Schweiz: 2022 soll die dritte Röhre des 3,2 km langen Gubristtunnels als Teil der Nordumfahrung Zürich eröffnet werden. Mit 16 m Durchmesser ist sie die größte Tunnelröhre im Land und soll die chronische Überlastung der Strecke mit drei zusätzlichen Fahrspuren Richtung St. Gallen –Bern entschärfen. Entsprechend hoch waren die Anforderungen an den Straßenbau: Die rund 20.000 t Asphalt mussten trotz komplexer Tunnellogistik, paralleler Arbeiten und hohen Verkehrsaufkommens innerhalb eines straffen Zeitplans eingebaut werden und höchste Qualitätsstandards erfüllen. Die Marti Solothurn Bauunternehmung entschied sich deshalb, das Projekt mit einer digitalen Straßenbaulösung anzugehen. „Bei einem Projekt dieser Dimension lag es auf der Hand eine Lösung zu nutzen, mit der wir nicht nur die Planung digital abbilden, sondern auch die Abläufe auf der Baustelle aktiv steuern können“, sagt Cedric Berrut, Betriebsleiter Tiefbau.

Die Wahl fiel auf Witos Paving Plus von Vögele: Die softwarebasierte Prozessoptimierungslösung vernetzt sämtliche Akteure – vom Bauleiter und Mischmeister über den Einbaumeister bis zum Fertigerfahrer – und besteht aus fünf Modulen: Baustellen-Planung, Mischgut-Bereitstellung, Mischgut-Transport, Asphalt-Einbau und die nachträgliche Analyse der Prozesse lassen sich damit über ein einziges System in Echtzeit steuern. Das ermöglicht unter anderem eine Just-in-time-Belieferung auf der Baustelle und einen kontinuierlichen Einbau ohne Fertiger-Stopps. Auf Störungen kann das Einbauteam gezielt reagieren. „Ein Vorteil ist aus unserer Sicht, dass die integrierte Lösung vom Maschinenhersteller exakt auf die Fertiger abgestimmt ist“, ergänzt Berrut. „So haben wir direkten Zugriff auf sämtliche Maschinendaten.“

Im Mischwerk-Modul des Systems wurden unter anderem die Lkw-Taktung und die Ankunftszeiten auf der Baustelle angezeigt.

Für das Unternehmen war die Baustelle auch in anderer Hinsicht ein Novum: Mit 11,5 m Breite handelte es sich um den bisher breitesten nahtlosen Einbau in der Schweiz. Deshalb erweiterte Marti auch seinen Fuhrpark um zwei weitere Vögele-Maschinen: Den Hochleistungsbeschicker MT 3000-2i Offset und den Fertiger Super 2100-3i in Kombination mit der starren Bohle SB 300. Die zweitgrößte Bohle des Herstellers erreicht im Verbund mit dem Highway-Class-Fertiger Einbaubreiten bis 13 m und eignete sich deshalb optimal für den nahtlosen Einbau der dreispurigen Strecke. In zwei Bauabschnitten sollten über eine Strecke von insgesamt 3,2 km eine je 8 cm dicke Fundations-, Trag- und Binderschicht sowie eine 4 cm dicke Deckschicht eingebaut werden. Berrut: „Zum einen waren wir also auf eine leistungsstarke Maschinenkombi aus Beschicker, Fertiger und Bohle angewiesen, die auch über eine große Breite ein absolut ebenes Ergebnis liefert. Und zum anderen auf eine intelligente Prozesssteuerung, die möglichst reibungslose Abläufe garantiert.“

Rund um den Einbau im Gubristtunnel mussten Planer, Bauführer und Einbauteam einige logistische Herausforderungen berücksichtigen. So befindet sich die Mischanlage von Marti im knapp 100 km entfernten Walliswil. Um auf der viel befahrenen Strecke Staus zu vermeiden und Verzögerungen durch parallele Arbeiten im Tunnel zu minimieren, entschied man sich für einen Einbau bei Nacht. Die Prozessoptimierungslösung von Vögele erleichterte dabei die logistische Koordination: Mit dem Planungs- und Kontrollmodul erfasste und überwachte der Planer alle wichtigen Parameter, die notwendigen Maschinen, Materialmengen und deren zeitliche Dispositionen. Das System übermittelte die errechnete Lkw-Anzahl ans Mischwerk, glich sie mit den dortigen Daten ab und berechnete daraus die Taktung der Lkw und Ankunftszeiten auf der Baustelle. „Durch die wesentlich genauere Planung und Produktion des Mischguts konnten wir die Einbau- und Verdichtungsprozesse optimal auf die Materialanlieferungen abstimmen“, betont der Betriebsleiter.

Baustellen-Modul von Witos Paving Plus
Das Baustellen-Modul von Witos Paving Plus als Taktgeber: Via Tablet-PC hatte das Einbauteam einen Echtzeit-Überblick über den Baufortschritt, die Einbauleistung sowie die Mischgutanlieferung und konnte bei Bedarf schnell reagieren.

Mit dem Baustellen-Modul hatten Einbaumeister, Bauführer und Fertiger-Fahrer während der gesamten Baumaßnahme einen Echtzeit-Überblick über den Baufortschritt, die Einbauleistung und die Mischgutanlieferung. Über Tablet-PC oder die Fahrer-Bedienkonsole konnten sie Planabweichungen bei der Einbaudauer und -distanz oder den Mischgutmengen sofort erkennen und bei Bedarf reagieren. Die Auswertung im Analyse-Modul ergab zudem, dass durch die exakte Taktung Wartezeiten deutlich reduziert und weniger Mischgut-Lkw als bei vergleichbaren Baustellen benötigt wurden. „Das bedeutet letztlich weniger Material- und Transportkosten, weniger Emissionen, eine bessere Auslastung und gleichzeitig eine höhere Qualität.“

Ein weiterer Vorteil: Das System ist auch bei schwierigen Bedingungen wie im Gubristtunnel einsatzfähig. Um eine zuverlässige Datenübermittlung zu gewährleisten, nutzte Marti ein GSM-Netz, das mit zusätzlichen Antennen in den Tunnel geleitet wurde. „Der Einsatz hat gezeigt, dass Witos Paving Plus für uns eine praktikable Lösung mit großem Potenzial ist“, resümiert Berrut. „Sie integriert sich gut in unsere digitale Infrastruktur und liefert Daten, die wir für unsere BIM-Modelle nutzen können.“ Künftig will Marti das System bei allen Baumaßnahmen auf Kantonal- und Bundesstraßen und größeren Projekten einsetzen.