H2-Verbrenner gibt Gas

Wasserstoffmotor gerade für Heavy-Duty-Trucks die ideale Antriebstechnik

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) versammelte sich unlängst die Interessengemeinschaft Allianz Wasserstoffmotor, um aktuelle Entwicklungen zum Thema H2-Verbrenner zu sehen und zu diskutieren.

Wasserstoff-Motor live im Karlsruher KIT
Anachronistischer geht’s kaum: Ein alter Henschel als Entree zur Ausstellung Wasserstoff-Motor live im Karlsruher KIT. (Bilder: bd/Domina)

Die Zweifler formulieren es noch als Frage, für die Mitglieder der Interessengemeinschaft Allianz Wasserstoffmotor ist der Fall klar: Die Zukunft tankt Wasserstoff.

Zu einem Meinungsaustausch nebst kleiner Ausstellung trafen sich einige der wichtigsten Akteure im KIT und diskutierten über die Chancen, den Stand der Dinge und die Probleme rund um die Entwicklung des Wasserstoff-Direktverbrenners für Heavy-Duty-Einsätze wie beispielsweise am Bau oder im Fernverkehr.

Häufigstes Fazit der Redebeiträge und Diskussionsrunden

Die Technik ist beherrschbar und steht. Hauptproblem – wie sollte es anders sein – sei die Politik: Woher wir schnell und genügend grünen Wasserstoff sowie die Infrastruktur dafür bekommen.

Bis vor Kurzem war ein Problem der H2-Verbrennertechnik, dass nur kleinere Motoren bis zirka 9 l Hubraum schnell und kostengünstig auf H2 als Brennstoff umzurüsten waren. Die Gründe hinter dieser Feststellung sind vielschichtig. Da geht es zum Beispiel um die bislang gebräuchliche äußere Gemischbildung. Mengenmäßig damit genug H2 in die Brennräume zu bringen gestaltete sich schwierig, die erzielbare Leistung blieb begrenzt.

MAN-H2-Verbrenner TGX 18.520H2
Erstmals zu sehen, sogar fahrend: MAN-H2-Verbrenner TGX 18.520H2 vor Begutachtung durch die Chairmen der Allianz Wasserstoffmotor.

Das H2-Molekül ist nun mal ziemlich klein und das heißt: Entweder man braucht sehr viel Druck oder mehr Zeit, um eine genügende Menge des Gases in die Brennräume zu verfrachten. Die Einspritzung in den Ansaugtrakt kommt da schnell an ihre Grenzen, was letztlich die Entwicklung größerer Nutzfahrzeug-Motoren im Bereich um 13 l Hubraum praktisch ausbremste.

Was die Abgase angeht: Hinten raus kommt lediglich Wasserdampf, ein paar Stickoxide (NOx) und minimale Spuren unverbrannten Wasserstoffs. Die Stickoxide – wenn auch nur ein Fünftel der Menge eines vergleichbaren Diesel-Verbrenners – bedürfen freilich der Reduktion mit Harnstoff (AdBlue). Der SCR-Kat ist dafür jedoch gängige Technik und kein Problem.

Ein echter Game-Changer bei der Entwicklung des H2-Verbrenners ist dagegen die Direkteinspritzung. Das Zauberwort heißt hier ICE und meint die Internal Combustion Engine. Die Experten in Karlsruhe sprechen da lässig vom Eis-Motor, also einem Motor mit innerer Gemischbildung und Direkteinspritzung. Dieses Verfahren ähnelt schon dem High-Power-Direct-Injection-Verfahren (HPDi), wie es als einziger Volvo für seine LNG-Trucks praktiziert.

H2-Direkteinspritzung ICE
Ein Meilenstein für den schweren H2-Verbrenner ist die Direkteinspritzung (ICE). Die nicht vorhandene Schmierfähigkeit von H2 gilt es durch besondere Materialien auszugleichen.

Nur mit dem Unterschied, dass die Zündung des Gemisches nicht wie beim Volvo-LNG mit der Einspritzung einer kleinen Dieselmenge erfolgt. Bei ICE kommt eine Zündkerze zum Einsatz. Das erspart den dritten Betriebsstoff Diesel (neben Gas und AdBlue).

Dessen ungeachtet, nahm sich auch der Cryo-Tank- und Einspritz-Spezialist Westport aus den USA dem Thema an und zeigte einen kurzerhand zum H2-Verbrenner umfunktionierten Volvo-LNG-Truck. Mit Direkteinspritzung, aber noch mit Zündung durch Dieseleinspritzung. Vorteil: Enorm hoher Wirkungsgrad, Drehmomententwicklung nahezu wie beim Diesel. Neu selbst für Westport: Die Kohlefaser-Wickeltanks für H2 bei 700 bar. Die Amis beherrschen zwar vakuumisolierte Edelstahl-Tanks für tiefgefrorenes Methan (LNG), nicht aber die hochfesten und hochdichten Kunststofftanks wie man sie für H2 braucht. David M. Johnson, CEO von Westport: „Wir haben schon einen kleinen Hersteller von Kohlefaser-Tanks aquiriert – das dürfte also kein Problem mehr für uns sein.“

Feintuning bei Zündkerzen und der Einspritzdüse

Das mit der Fremdzündung bei H2-ICE-Motoren ist eine Herausforderung, der sich auch Bosch gestellt hat. Während bislang die Gasmotoren mit äußerer Gemischbildung (LNG-Trucks von Scania und Iveco) mehr oder weniger mit normalen Zündkerzen befeuert werden konnten, ist die Sache beim ICE etwas komplexer. Neben der Zündkerze bedarf es auch einer Einspritzdüse, die direkt in den Brennraum einspritzt. An sich kein Problem, wenn der Kraftstoff, wie etwa Diesel, auch eine gewisse Schmierfähigkeit mitbringt.

MAN sieht eine Zukunft für den H2-Verbrenner beim Schwer- und Schwerlastverkehr. Deshalb hat man sich auch gleich den 16,8 l großen D38 für die Umrüstung auf Wasserstoff vorgenommen. Die fünf Tanks können 38 kg H2 bei 700 bar aufnehmen – genug für fast 500 km Reichweite. Ein neueres Modell ist bereits mit nur vier Tanks für 56 kg Fassungsvermögen und theoretisch 700 km Reichweite gut.

Bei H2 aber schmiert gar nichts. Umso hochwertiger muss die Oberflächengüte der beweglichen Teile dieser Einspritzdüse sein. Ein Problem, dass die Bosch-Techniker nun in den Griff bekommen haben. Und ebenso die Bemessung der eingespritzten H2-Menge. Sie ist weniger durch hohen Druck (nur 40 bar) gekennzeichnet, als vielmehr durch die Zeit. Die ist zwischen unterem und oberem Totpunkt vergleichsweise reichlich gegeben.

All diese Entwicklungsschritte führen nun zu H2-Direktverbrennern mit Leistungsangeboten jenseits 500 PS. Sogar die Entwickler von MAN, ansonsten eher dem BEV verpflichtet, haben nochmal ihren großvolumigen D38 herausgekramt (er sollte eigentlich für Dieselanwendungen in Rente geschickt werden), ihn von 15,2 auf 16,8 l aufgebohrt und immerhin 520 PS mit H2 (700 bar) rausgekitzelt. „Für schwere Anwendungen“, die mit BE-Trucks nicht mehr zu packen sind.

Idealer Einsatz: Unimog mit energiefressenden Zusatz-Aggregaten.

Denn genau dafür, so sehen es auch die Mitglieder der Allianz Wasserstoffmotor, seien die H2-Direktverbrenner eine ideale Lösung: viel Power mit gängiger Basistechnik, das Ganze klimaneutral, wenn nur genügend grüner Wasserstoff vorhanden wäre. Die Zauberformel heißt hier tatsächlich Internal Combustion Engine, die Technik dafür ist da.