S-Bahnstrecke Trudering

Die Gleisbau-Boutique

Vor den Toren Münchens, zwischen Trudering und Zorneding, erhält die S-Bahn-Strecke 20 neue Weichen, auf 7 km Länge neue Gleise mit Schwellen und Schotter sowie auf 1,7 km neue Schienen. Dabei muss der Zug-Fernverkehr weiterlaufen, wobei zwischen Haar und Trudering nur eingleisiger S-Bahn-Verkehr besteht. Bei der Terminbaustelle beweist sich der neue Cat-Zweiwegebagger M323F von Knape Bahnbau erstmals im Gleiseinsatz.

Cat-Zweiwegebagger M323F
Die S-Bahn-Strecke zwischen Trudering und Zorneding bekommt neue Weichen, neue Gleise mit Schwellen und Schotter sowie neue Schienen – der Cat-Zweiwegebagger M323F von Knape Bahnbau ist dort Protagonist. (Bilder: Caterpillar/Zeppelin)

Das Unternehmen, das den Generalunternehmer Swietelsky unterstützt, ist durch Zusammenlegung der PSI Projektsteuerung für Infrastruktur und Industrie mit dem operativen Geschäft der Knape Gleisbau entstanden und setzt alle bisherigen Tätigkeiten als Knape Bahnbau fort. Deren heutiger Geschäftsführer Martin Kempf kam 2020 als Interimsmanager zur Knape-Unternehmensgruppe, um eine Wiederbelebung des konventionellen Gleisbaus zu initiieren. Dies gelang in enger Abstimmung mit der Eigentümer-Familie Knape, deren Name seit über 90 Jahren eng mit dem Gleisbau in Deutschland verbunden ist. Neben dem ganzen Spektrum Gleisbau will sich das neue Unternehmen auf Arbeiten rund um den Bahnbau konzentrieren und das von Oberbayern aus bundesweit anbieten. „Wir sind – wenn man so will – eine kleine, aber feine Gleisbau-Boutique für die Bahn, aber auch für andere Unternehmen, die eine Gleisanlage oder einen Gleisanschluss betreiben“, so Martin Kempf. Knape Bahnbau beschäftigt aktuell knapp 40 Mitarbeiter und habe, so der Geschäftsführer, „ohne Probleme die höchste Präqualifizierung der Bahn beibehalten können, die nach Vorlage der entsprechenden Nachweise übertragen wurde“.

Auf dem Anhänger lässt sich Werkzeug und Baumaterial mitführen.

Um sich maschinentechnisch neu auszurichten und zu verstärken, wurde in neue Zweiwegetechnik investiert. Aktuell steht der zweite Cat M323F in der Zeppelin-Niederlassung München kurz vor der Auslieferung an Knape Bahnbau. Bei Montagearbeiten hatten sich die Vorzüge der Zweiwege-Baggertechnik herauskristallisiert, als die Maschine erstmals über Zeppelin Rental angemietet wurde, um Ankerbohrarbeiten zur Hangsicherung entlang von Bahnstrecken durchzuführen. Knape Bahnbau hat gemeinsam mit der HTB aus Kufstein ein gleisgebundenes Gründungsverfahren angewandt, das Arbeiten bei Betrieb im Nachbargleis und nur 3,50 m Gleisabstand ermöglichte. „Wir konnten mit dem Cat-Gleisbagger die Bohrlafette vom Gleis aus weit genug auslegen und die Anker setzen“, erklärt Kempf. Denn je weiter der Baggerausleger samt Arm und Bohrlafette neben dem Gleis hinausreichte, desto größer waren die Flächen, auf denen der Bagger arbeiten konnte und desto schneller ging es voran. Die Baumaschine überzeugte dabei also besonders mit ihrer Standsicherheit und Reichweite.

Dies bestätigt auch Jörg Sack, seit 20 Jahren als Zweiwege-Baggerfahrer und für Knape seit acht Jahren in der Sparte Gleisbau tätig ist. Der Maschinist durfte vor dem ersten Baustelleneinsatz das neue Arbeitsgerät testen – auch seine vier Kollegen wurden an die neue Technik herangeführt und eingewiesen. Sein Fazit: „Der Bagger steht da wie eine Eins – da schaukelt und kippt nichts.“ Wichtig auch, dass man profilfrei arbeiten könne: Immer wieder stehen Arbeiten an zweigleisigen Strecken an, wo dann – dank 1.566 mm Heckschwenkradius – der Schienenverkehr auf dem Nachbargleis problemlos weiterlaufen kann.

Hochmodern: Der neue Arbeitsplatz von Zweiwege-Baggerfahrer Jörg Sack.

Ein Alleinstellungsmerkmal des Zweiwegebaggers von Cat ist sein hydrostatischer Schienenradantrieb an beiden Gleisachsen. Dieser treibt über hydraulisch betriebene Motoren die Schienenführungsräder direkt an. Somit kann man problemlos über Gleisschaltmittel hinwegrollen und dabei die Geschwindigkeit von 20 km/h beibehalten. Der Fahrer muss die Räder des Baggers nicht jedes Mal vor den Schalteinrichtungen im Gleisbett anheben und danach wieder absenken – das vermeidet Schäden an Sicherheitseinrichtungen im Gleisbett, etwa an den Indusi-Magneten. „Man fährt damit nichts mehr kaputt und kann leichter bremsen“, so das Urteil des Fahrers.

Auch die leicht zu programmierende Hub- und Schwenkbegrenzung erleichtert das Fahren und Arbeiten unterhalb der über die Gleise verlaufenden Oberleitung hindurch – so wird Sicherheit zur Seite als auch nach oben gewährleistet. Dazu hat der Cat M323F eine Druckluftbrems- und Elektroanlage erhalten, um einen extra Trailer zu schleppen – die Zugkraft reicht aus für 220 t, doppelt so viel wie mit alternativer Technik, die zuvor genutzt wurde. So kommen andere Maschinen, Werkzeug und Baumaterial gleich mit zur Baustelle.

Mit dem Saugbaggerlöffel von Tinbin wird Schotter im Gleisbett präzise und schnell zwischen den Gleisschwellen oder bei Weichen mit 240 Bar und 50 kW abgesaugt.

Jörg Sack wechselt auf der Bahnstrecke Haar–Trudering auf der wegen der Bauarbeiten gesperrten S-Bahn-Strecke immer wieder mal zwischen Zug- und Rangierfahrt hin und her, wenn er die Gleissperre verlässt, um etwa einen Lagerplatz anzufahren. Dabei muss er mit seinem Bagger einen Magneten bedienen können, um Kleineisen zu sammeln und zu verladen. Auch ein Saugbaggerlöffel von Tinbin wird eingesetzt, um Schotter im Gleisbett präzise und schnell zwischen den Gleisschwellen oder bei Weichen mit 240 bar und 50 kW abzusaugen. So muss keiner der Kollegen aus der Kolonne zur Schippe greifen, um das Ausschachten von Hand zu übernehmen. Mithilfe eines Schwellenwechslers am M323F nimmt Jörg Sack Schotter auf, baut Schwellen aus, setzt neue Schwellen ein und verfüllt sie wieder mit Schotter. „An der Entwicklung des Schwellenwechslers war ich mit beteiligt. Er läuft auf Rollen, die über die Schienen gleiten. Früher sind wir immer mal auch hängen geblieben und die Schwelle ging dann kaputt. Das passiert nun nicht mehr.“