Automatisierung

Jaibot von Hilti – der semi-autonome Bohrroboter

Im Jahr 2020 hat Hilti den semi-autonomen Bohrroboter Jaibot erstmals vorgestellt, der Bohrungen für Dübel-Befestigungen auf der Grundlage digitaler Planungsdaten selbstständig ausführt. Inzwischen hat er in weltweit über 100 Projekten bewiesen, was er kann. Gleichwohl ist er noch längst nicht am Ende seiner Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten.

Protagonisten im Jaibot-Team (von links): Rüdiger Wagner, Head of Robotics and Hilti Venture (Hilti AG) sowie die Jaibot Operations Manager Benjamin Bredl und Christian Pütz (Hilti Deutschland).

Erst einmal gab es bei Hilti nur die Idee, die Digitalisierung im eigenen Wirkungsbereich auf die Baustelle zu bringen. Eine Aufgabe zu automatisieren, die körperlich anstrengend ist und langfristig auch zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Die eher nicht zu den Lieblingstätigkeiten gehört, aber eben trotzdem immer wieder erledigt werden muss. Das Bohren über Kopf ist eine solche Arbeit, der sich Hilti mit dem Jaibot angenommen hat.

Denn: Automatisierte und halbautomatische Maschinen sind nützlich, wenn alltägliche, sich wiederholende oder gefährliche Aufgaben ausgeführt werden, die Genauigkeit oder Geschwindigkeit erfordern. Das können Anwendungen über Kopf sein oder Arbeiten in widrigen Arbeitsumfeldern, die für den Menschen ein erhöhtes Risiko darstellen. Ermüdungserscheinungen, die zu Unvorsichtigkeit führen, werden vermieden. Bei zugleich einer geringeren Fehler- und Unfallquote sowie höherer Effizienz.

Der semi-autonome Bohrroboter Jaibot führt nun Bohrungen für Dübel-Befestigungen auf der Grundlage digitaler Planungsdaten selbstständig aus. In Kombination mit der Einmessung per Totalstation PLT 300 wird der kabellose Roboter eingerichtet sowie komfortabel und ergonomisch über die Fernsteuerung positioniert. Dann arbeitet sich der Bohrroboter plangemäß durch den Raum, bohrt und kennzeichnet die Löcher dem Datenmodell entsprechend für die unterschiedlichen Gewerke. Seine Akkuleistung soll für acht bis zehn Stunden Einsatz ausreichen.

Paradebeispiel für Automatisierung am Bau: In Kombination mit der Referenzierung via Hilti-Totalstation PLT 300 über vorher eingemessene Referenzpunkte wird der Baustellenroboter Jaobot eingerichtet und komfortabel sowie ergonomisch per Fernsteuerung zu den Bohrbereichen gefahren. (Bilder: bd/Leppert)

Auf einer hindernisfreien Baustelle erreicht der Roboter naturgemäß die maximale Produktivität. Wie zum Beispiel beim Neubau eines Bürogebäudes Reutlingen: „Dort haben wir rund 15.500 Deckenbohrungen im Sichtbereich mit Unterstützung des Jaibot vorgenommen. Wir sind mit defensiven 500 Bohrungen pro Tag in die Planung gegangen, konnten aber mit einem Ergebnis von über 1.000 Bohrungen das maximale Produktivitätsversprechen von Hilti überschreiten“, so Markus Voigt, Senior Projektmanager bei Geiger Schlüsselfertigbau. Aber auch auf Baustellen, die bereits mit Deckenmontagen versehen sind, ist ein Einsatz möglich: Der Jaibot erkennt Objekte wie bestehende Installationen oder Bauteile und adaptiert seinen Arbeitsbereich sowie seine Armbewegungen entsprechend. Zudem reduziert eine integrierte Staubabsaugung das gesundheitsschädliche Einatmen von Baustäuben erheblich.

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Generell erledigt der Roboter Bohrungen und Markierungen in Beton- und Metallverbunddecken sowie seitlich in vertikalen Betonwänden in einem Höhenbereich von 1,2 bis 4,8 m. Sowohl die gewünschte Tiefe als auch der Durchmesser der Bohrlöcher werden präzise eingehalten. Daraus resultiert eine sehr geringe Fehlerquote, die Verzögerungen im Projekt verhindert. „Aufgrund der verlässlich präzisen Bohrungen des Jaibot konnten wir uns Nacharbeiten sparen, was uns unglaublich viel Druck in einem zeitkritischen Projekt genommen hat“, berichtet Christopher Frietsch, der mit seinem Gipser- und Stuckateur-Betrieb die schallabsorbierenden Akustikbaffeln in Teilen der Hospitality-Bereiche des neuen BBBank Wildpark Stadions in Karlsruhe montiert hat.

In einem Arbeitsgang führt der Roboter selbstständig die Bohrungen aus, saugt den entstehenden Bohrstaub ab und markiert die entsprechenden Stellen für die jeweiligen Gewerke.

Während der Bohr- und Markierarbeiten synchronisiert sich der Roboter über das mobile Datennetz, sodass der Fortschritt in Echtzeit mitverfolgt werden kann. Ebenso profitiert der ausführende Betrieb von einer automatisierten Dokumentation der Bohrungen. Unternehmen, die bereits BIM-basierte Planungen und Ausführungsmodelle von Hilti nutzen, haben schon eine perfekte Datengrundlage für den semi-autonomen Helfer. Aber auch wer noch nicht mit BIM arbeitet, kann vom Jaibot profitieren. Hilti unterstützt bei der Vermessung und Überführung in ein digitales Datenmodell sowie der Integration der Bohrpunkte und Bohrdimensionen. Nach einem Training am Einsatzort ist der ausführende Betrieb selbst in der Lage, den Jaibot zu bedienen, wobei Hilti während des gesamten Projekts unterstützend zur Seite steht.

Damit aber nicht genug: Durch die gemeinsame Projektarbeit mit Anwendern entstehen weitere Ideen für neue Einsatzfelder, die man über entsprechende technische Anpassungen und Weiterentwicklungen realisieren könnte. Um beispielsweise in einem Arbeitsgang auch gleich den passenden Dübel mit zu setzen. Und durch Kooperationen mit Startups könnte der Jaibot auch als Plattform für ganz neue Anwendungen genutzt werden – etwa im Trockenbau. Darüber hinaus sieht Hilti den Roboter auch als effektives Hilfsmittel zur Transformation von Aufgabenprofilen und Schaffung von digitalen Arbeitsumfeldern mit neuen, spannenden Jobprofilen in der Baubranche. Fachkräfte und Auszubildende können letztlich einfacher rekrutiert werden, wenn die Digitalisierung am Bau das Gewerk wieder attraktiver macht.

Standpunkt

Detlef Dohms, Mitarbeiter bei Frietsch Gipser und Stuckateur, Baden-Baden

„Es ist nicht schwer mit dem Jaibot zu fahren. Bereits nach kurzer Eingewöhnung kam ich gut mit der Fernsteuerung zurecht. Am praktikabelsten ist es natürlich, wenn man in einem hindernisfreien Raum arbeiten kann. Diese Situation war uns nicht gegeben. Aber durch die Hindernis-Erkennungsfunktion wird Kollisionen automatisch vorgebeugt.“